Sein Haus liegt am Rand der Möbelstadt Senden, von Grün umgeben. Im Wohnzimmer eine buddhistische Figur, ein großer Holzofen, ein Ess- und ein Schreibtisch, ein Laptop und viele CDs.
Hier tüftelt der Bassist, der in den 70er Jahren mit der Rockgruppe Kraan bekannt wurde, an neuen Stücken. Dabei hat er noch drei aktuelle CDs auf dem Markt. In den Hitparaden sind sie nicht zu finden. Doch Erfolg ist für Hattler nicht nur eine Frage der Erlöse.
In diesen Tagen spricht ganz Deutschland von Lena. Nehmen Sie so ein Ereignis wahr?
Hattler: Ich komponiere gerade und schaue deswegen weder fern noch höre ich Radio... Nein, im Ernst, am Rande habe ich das schon mitbekommen.
Und was halten Sie davon?
Hattler: Ich stehe mehr auf nachhaltige Musik. Trotzdem finde ich, dass der Hype nicht peinlich ist. So etwas macht mich eher zuversichtlich.
Was meinen Sie mit zuversichtlich?
Hattler: Zu unserer großen Zeit wehrte sich gerade die intellektuelle Elite des Landes noch immer gegen deutsche Musik. Es konnte damals gar nicht international genug sein. Angloamerikanische Musik war aufgrund unserer problematischen Geschichte noch in den 1970ern einfach unverdächtig. Ich finde es gut, dass sich das verändert.
Heute geht es im Musikgeschäft mehr denn je um Geld und Erfolg. War das bei Ihnen damals genauso?
Hattler: Nein. Bei uns lautete die Frage: Darf man fürs Musikspielen überhaupt Geld nehmen? Die Bandmitglieder lebten damals alle zusammen, investierten die Einnahmen wieder in neue Musikanlagen. Uns selbst zahlten wir nur Taschengeld aus. Damit kamen die einen besser, die anderen weniger gut zurecht.
In England und den USA war das anders. Da zählte zu dieser Zeit schon das Business. In England gab es bereits Management, in Deutschland war es verboten. Darum entwickelte sich auch die Szene hierzulande anders.
Aber gegen Erfolg haben auch Sie nichts einzuwenden. Wissen Sie, wie viele Scheiben Sie verkauft haben?
Hattler: Nein, nicht genau. Aber alleine das Album "Kraan Live" verkaufte sich damals schon 300.000 Mal.
Wie kamen Sie eigentlich zum Bassspielen?
Hattler: Total unrühmlich. Es gab damals einfach zu viele Gitarristen. Ich hatte einen Bass und versuchte mich daran. Schon bald spürte ich: Das Instrument entspricht meinem Naturell. Man kann zwischen rhythmischen, harmonischen und melodiösen Elementen eines Stücks die Fäden ziehen. Ich bin sozusagen der Libero einer Band.
Sie behaupten: Fast alle Bassisten sind kurzsichtig. Wie kommen Sie darauf?
Hattler: Ich habe das im Laufe der Jahre einfach festgestellt. Wenn einer kurzsichtig war, war es meistens der Bassist.
Sie ziehen am Bass lieber die Strippen, wie bei Ihrem neuesten Projekt "Siyou 'n' Hell".
Hattler: Zu diesem Projekt bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kind.
Inwiefern?
Hattler: Ich kenne die Sängerin Siyou schon 20 Jahre. Wir trafen uns zufällig wieder. Da funkte es. Wir vereinbarten einen Auftritt beim Ulmer Musikmarathon. Seitdem geschieht Erstaunliches.
Wie reagieren die Leute auf das Duo aus Bass und Stimme?
Hattler: Unsere Konzerte sind immer ausverkauft, ohne große Werbung. Besucher sagen mir mit Tränen in den Augen, sie seien von einem Konzert noch nie so berührt worden. Ich verstehe das alles noch nicht so ganz. Da entstehen plötzlich völlig unvermutet magische Momente. Um so etwas zu erleben, macht man Musik.
Lässt sich mit dem Duo Geschäft machen?
Hattler: Wer mit seiner Musik nur Geschäft machen will, der wird unglücklich.
Spielt Kraan eigentlich wieder?
Hattler: Ja, seit 2001. Wir haben erst in diesem Jahr eine neue CD, "Diamonds", produziert. Auch auf Tournee gehen wir regelmäßig.
Dann gibt es noch das Soloprojekt "Hattler".
Hattler: Genau. Ich bin stolz auf das jüngste Werk. Ich denke, es ist meine beste CD.
Wie oft wurde sie bisher verkauft?
Hattler: Rund 8.000 Mal. Das ist übrigens in einer Zeit des Format- und Einheitsradios schon ziemlich gut. Interview: Josef Karg