Der jüngste Fall ereignete sich erst vergangenen Freitag: Fahnder der Rosenheimer Bundespolizei stoppten auf der Inntalautobahn zwei italienische Reisebusse. Unter den Fahrgästen waren auch sechs Afrikaner und ein Iraker. Sie sagten, sie wollten in Deutschland leben. Und sie hatten offizielle Papiere von italienischen Behörden. Doch statt eines freundlichen Willkommens wurden die Männer festgenommen und müssen Deutschland bald wieder verlassen.
Was steckt hinter dieser Episode? Italien verfolgt seit Jahren eine besonders rigorose Asylpolitik. Zurzeit werden im ganzen Land Flüchtlingslager geschlossen. Den Menschen soll klargemacht werden, dass sie nicht erwünscht sind. Und nun hat Italien einen sehr robusten Dreh gefunden, die vorwiegend afrikanischen Flüchtlinge loszuwerden – Asylpolitik all’arrabbiata quasi.
Die Kontrolle an der Inntalautobahn hat gezeigt: Die Männer, die ursprünglich schon als Asylbewerber in Italien untergekommen waren, hatten von italienischen Behörden sogenannte Fremdenpässe und Genehmigungen für den kurzfristigen Aufenthalt in Ländern des Schengenraums erhalten. Damit die Flüchtlinge nicht mittellos ankommen, bekamen sie noch einen 500-Euro-Schein mit auf den Weg.
Das hat System: 120 Fälle seit Anfang März
Dass dies kein Einzelfall ist, sondern System hat, zeigen allein die Zahlen der Bundespolizeiinspektion Rosenheim. 120 solche Fälle haben die Fahnder seit Anfang März aufgedeckt. Die Papiere und das Geld erhalten die Flüchtlinge aber nur unter der klaren Maßgabe, Italien zu verlassen, sagt der Sprecher der Bundespolizei in Rosenheim, Rainer Scharf.
Es handelt sich anscheinend um eine sehr italienische Lösung. Denn grundsätzlich wäre ein Kurzaufenthalt mit den Papieren und dem Geld durchaus möglich. So hängt das weitere Vorgehen der Polizei stark davon ab, wie sich die Flüchtlinge äußern. Mit den italienischen Pässen und Genehmigungen ist ein längerer Aufenthalt in Deutschland jedenfalls nicht möglich. Arbeiten ebenfalls nicht.
Auch die italienische Mafia ist ein Problem
Das Vorgehen der Italiener ist ein brisantes Politikum. 28.000 Menschen flohen vor dem Krieg in Libyen nach Italien. Für den „Notstandplan Nordafrika“ stellte auch die EU-Mittel zur Verfügung. Doch die Gelder versickerten, angeblich teilweise in Kanälen der Mafia. Nur ein Bruchteil kam bei den Bedürftigen an. Seit Anfang März hat der italienische Staat die Finanzierung der Flüchtlinge ganz eingestellt.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kritisiert: „Das Verhalten der italienischen Regierung, den illegalen nordafrikanischen Flüchtlingen neben einer kurzfristigen Aufenthaltserlaubnis für den Schengenraum auch noch 500 Euro in die Hand zu drücken, damit sie Italien verlassen, ist eine Zumutung. Ich halte das für ein unsolidarisches Verhalten gegenüber anderen europäischen Ländern.“
Anstatt einfach Flüchtlingsunterkünfte aufzulösen und die Bewohner aufzufordern, in andere EU-Staaten weiterzureisen, müsse Italien die, die kein Asyl in Italien erhalten, in ihre Heimatstaaten abschieben. „Ich fordere Außenminister Westerwelle auf, das Thema auf europäischer Ebene zur Sprache zu bringen.“ Die italienische Regierung verstoße klar gegen die europäische Partnerschaft.