Kurz vor Ende der Eintragungsfrist am heutigen Mittwoch hat die Opposition im Bayerischen Landtag noch einmal für das Volksbegehren gegen die Studiengebühren geworben. Beobachter gehen von einer knappen Entscheidung aus. Allerdings hat Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bereits angekündigt, die Studiengebühren in Bayern auch bei einem Scheitern des Volksbegehrens abzuschaffen.
Wir sprachen dazu mit dem früheren Wissenschaftsminister und CSU-Politiker Thomas Goppel (Eresing, Kreis Landsberg).
Herr Goppel, die Studiengebühren wurden 2007 während Ihrer Zeit als Wissenschaftsminister eingeführt. Welche Gründe gab es?
Goppel: Wir haben nach der Landtagswahl 2005 erkannt, dass das Geld für eine immer größer werdende Hochschullandschaft hinten und vorne nicht reicht. Um sicherzustellen, dass die Qualität an den Hochschulen erhalten oder gar verbessert werden kann, brauchten wir finanzielle Mittel. Und der schnellste Weg waren die Studienbeiträge, die wir dann 2007 einführten.
Gab es weitere Überlegungen?
Goppel: Es war für mich auch eine Gerechtigkeitsfrage. Ich habe damals geschaut, was etwa Lehrlinge oder Gesellen bis hin zur Meisterprüfung zahlen. Das sind immerhin bis zu 10 000 Euro im Jahr. Wir wussten aber auch, dass wir manchen Eltern die Beiträge nicht zumuten können. Deshalb haben wir den Studenten ja auch die Möglichkeit eröffnet, ihr Studium durch günstige Kredite zu finanzieren, die sie später einmal, wenn sie im Beruf stehen, zurückzahlen.
"Studiengebühren sind absolut wichtig und richtig"
Kurz gesagt: Sie halten die Studiengebühren für notwendig und gerecht.
Goppel: Ich halte die Studienbeiträge innerlich für absolut richtig und wichtig. Und dazu stehe ich auch. Aber ich werde mich auch nicht dagegen stemmen, wenn sie nun abgeschafft werden sollten. Denn wenn die Bevölkerung etwas nicht will, kann sich die Politik nicht durchsetzen.
Das müssen Sie erklären.
Goppel: Sollten die Studienbeiträge tatsächlich abgeschafft werden, und danach sieht es ja aus, werden die Hochschulen unflexibler. Bisher floss das Geld direkt an die Universitäten und Hochschulen. Professoren und Studenten konnten gemeinsam entscheiden, wie es verwendet werden soll. Künftig werden die Haushaltspolitiker entscheiden und das Ganze wird wieder deutlich umständlicher und langwieriger. Kurz: Die Finanzierung der Hochschullandschaft mit Staatsmitteln kann durchaus zu Problemen führen. Zwischen den Universitäten könnte es auch wieder zu Verteilungskämpfen kommen.
Neben Bayern kassiert nur noch Niedersachsen Studiengebühren. Die neue rot-grüne Landesregierung hat bereits angekündigt, sie abzuschaffen. Bayern stünde dann im Bund alleine da.
Goppel: Die Zahl der Studierenden ist in den letzten Jahren immer weiter gewachsen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Bindung der Studierenden an ihre Universität oder Hochschule größer ist, wenn sie für das Studium bezahlen müssen. Wer nichts zahlt, fühlt sich auch für nichts verantwortlich. Junge Menschen sind weitaus engagierter, wenn es etwas kostet. Gleichwohl bin ich der Auffassung, dass es nicht sein kann, dass Bayern über den Finanzausgleich Milliarden an andere Bundesländer bezahlt, die Wohltaten verteilen und etwa auf Studienbeiträge verzichten.
"Was der Ministerpräsident sagt, wird auch getan"
Interessant ist ja, dass es in Bayern trotz der Studiengebühren keineswegs zu einer Abwanderung der Studenten kam. Das Gegenteil ist der Fall.
Goppel: Die Studenten kommen auch deshalb nach Bayern, weil sie – gerade wegen der Beiträge – eine hohe Qualität an den Universitäten vorfinden. Wegen 500 Euro pro Semester wandert keiner zum kostenlosen Studium nach Berlin aus.
Nun deutet dennoch alles darauf hin, dass die Studiengebühren auch in Bayern unabhängig vom Ausgang des Volksbegehrens abgeschafft werden. Ministerpräsident Seehofer hat sich wohl schon festgelegt.
Goppel: An der grundsätzlichen Erklärung Seehofers ist nicht zu rütteln. Ich habe in meiner langen politischen Laufbahn gelernt, dass, wenn der Ministerpräsident etwas sagt, es auch getan wird. Das war schon bei meinem Vater nicht anders. Das Interview führte Jörg Sigmund