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Peggy-Prozess: Freispruch heißt nicht Freiheit: Fragen und Antworten zum Fall Peggy

Peggy-Prozess

Freispruch heißt nicht Freiheit: Fragen und Antworten zum Fall Peggy

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    Der Angeklagte Ulvi K. (r) lächelt am 14.05.2014 nach der Urteilsverkündung im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Bayreuth (Bayern) neben seinem Anwalt Michael Euler. Im erneuten Mordprozess um die seit 13 Jahren spurlos verschwundene Peggy wurde der geistig Behinderte Ulvi K. vom Vorwurf des Mordes freigesprochen.
    Der Angeklagte Ulvi K. (r) lächelt am 14.05.2014 nach der Urteilsverkündung im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Bayreuth (Bayern) neben seinem Anwalt Michael Euler. Im erneuten Mordprozess um die seit 13 Jahren spurlos verschwundene Peggy wurde der geistig Behinderte Ulvi K. vom Vorwurf des Mordes freigesprochen. Foto: David Ebener/dpa

    Es ist einer der rätselhaftesten Kriminalfälle in Deutschland: Seit 13 Jahren gibt es keine Spur von Peggy aus Oberfranken - das damals neun Jahre alte Mädchen ist wie vom Erdboden verschluckt. Am Mittwoch sprach das Landgericht Bayreuth den geistig Behinderten Ulvi K. vom Vorwurf frei, Peggys Mörder zu sein.

    Was plant Ulvi K. jetzt?

    Auch nach dem Freispruch ist Ulvi K. kein freier Mann. Er befindet sich seit 2001 in einem psychiatrischen Krankenhaus, weil er laut einem Gerichtsurteil Kinder sexuell missbrauchte. Am späten Mittwochnachmittag musste der 36-Jährige wieder in das Bezirkskrankenhaus zurückkehren. Ein Sachverständiger soll nun prüfen, ob von Ulvi K. weiterhin Gefahren ausgehen. Falls das nicht der Fall ist, kann er aus der Psychiatrie entlassen werden. Er will dann in eine Wohngruppe für geistig Behinderte ziehen.

    Ulvi K. wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Kann er nochmals verurteilt werden, sollten doch noch Beweise für seine Schuld gefunden werden?

    Theoretisch ja. Ein Wiederaufnahmeverfahren zuungunsten von Ulvi K. wäre möglich. Nach Angaben von Gerichtssprecher Thomas Goger knüpft der Gesetzgeber daran allerdings sehr strenge Bedingungen: Selbst neue DNA-Spuren wären kein Grund für einen neuen Prozess. Möglich wäre dies nur, wenn sich eine Urkunde als falsch erweisen sollte, ein Zeuge vorsätzlich falsch ausgesagt hat oder Ulvi K. ein glaubwürdiges Geständnis ablegt.

    Welche Rolle spielten die Ermittler in dem Fall?

    Ulvi K. legte im Juli 2002 überraschend ein Geständnis ab. Das passierte aber unter dubiosen Umständen: Der Verteidiger war nicht dabei und statt einer Tonbandaufzeichnung gibt es lediglich ein Gedächtnisprotokoll der Polizisten. Dem geistig Behinderten mit einem Intelligenzquotienten von 60 bis 70 wurden Suggestivfragen gestellt. So sagte ein Beamter zu Ulvi K.: "Soll ich mal sagen, was ich in dieser Situation gemacht hätte?" Mehrmals übernahm Ulvi K. Formulierungen der Beamten. Am Ende legte er drei widersprüchliche Geständnisse ab. Dennoch verurteilte ihn das Landgericht Hof 2004 als Mörder Peggys. Ein Gutachter hielt seine Angaben damals für glaubhaft und schloss Beeinflussungen durch die Beamten aus.

    Wieso erkannte der damalige Verteidiger diese Widersprüche nicht?

    Nach Angaben eines früheren Chef-Ermittlers war der Verteidiger mehrmals bei Vernehmungen nicht anwesend. Einmal sei der Jurist einfach verreist. Ulvi K. soll er zuvor noch die Anweisung gegeben haben: "Wenn Sie geholt werden, gehen Sie mit und machen auch alles mit." Der Anwalt wies diese Vorwürfe zurück: "Nach meinem Gefühl wurden Termine für Vernehmungen auch absichtlich auf Tage gelegt, an denen ich keine Zeit hatte oder im Urlaub war", sagte er. dpa

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