Eine 23-jährige Frau hat gegen einen Polizeibeamten in München Anzeige erstattet, nachdem sie mit einem gebrochenen Nasenbein und einer Kieferknochenfraktur ins Krankenhaus eingeliefert worden ist. Ihr Vorwurf: Der Beamte habe ihr zwei Mal mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Das Polizeipräsidium München äußerte sich in einer Pressemitteilung zu den Vorwürfen. Ein Schlag wurde darin eingeräumt - er sei jedoch aus Notwehr erfolgt.
Die Szene spielte sich nach Polizeiangaben bereits am 20. Januar ab: Gegen 15.20 Uhr verständigte die junge Frau demnach telefonisch die Einsatzzentrale nach einem Beziehungsstreit mit ihrem Ex-Freund. Die Polizei brachte die beiden zur Inspektion im Stadtteil Au, um den Sachverhalt zu klären.
Die Frau soll um sich getreten haben
Schon während der Fahrt im Streifenwagen und auch später auf der Polizeistation sei die Frau laut Pressebericht ausgerastet. Die Beamten im Einsatz sagten später aus, dass die 23-Jährige vermutlich unter Drogeneinfluss gestanden habe und deshalb gefesselt habe werden müssen. Nach Angaben des Anwaltes der jungen Frau wehrte sie sich jedoch aus einem bestimmten Grund: Sie habe nicht verstanden, weshalb die Polizei sie auf die Wache mitnahm. Im Streifenwagen hätten es ihr die beiden Beamten dann verboten, mit dem Handy ihre Mutter anzurufen. "Es entstand ein Gerangel um das Handy, bis einer der Polizisten sie schließlich mit dem Kopf in den Fußraum hinuntergedrückt hat", schildert Franz J. Erlmeier, der Anwalt der 23-Jährigen. Anschließend hätten die Polizisten die junge Frau gefesselt.
Der Polizeibeamte habe sich vor der Frau schützen wollen
Aus Sicht der Polizei ereignete sich in der Inspektion dann Folgendes: Die Fesseln seien der 23-Jährigen wieder abgenommen worden, woraufhin sie jedoch sofort wieder um sich getreten habe. Die Beamten hätten ihr deshalb die Fesseln wieder angelegt. Nach Angaben des eingesetzten Beamten habe die Frau ihm anschließend ins Gesicht gespuckt und dann noch versucht, mit dem Kopf nach ihm zu stoßen. Um sich davor zu schützen, habe er ihr einen Faustschlag gegen den Kopf versetzt. Das kann der Anwalt der Münchnerin nicht nachvollziehen: Seine Mandantin hätte zu dem Zeitpunkt gefesselt auf einer Pritsche gelegen, Polizisten hätten sie festgehalten und niedergedrückt. Zwar habe sie gespuckt und dabei tatsächlich einen der Beamten erwischt. Ihn wirklich angreifen hätte sie nach der Meinung Erlmeiers in dem Zustand jedoch nicht können: "Ich bin davon überzeugt, das war nur vorgeschoben. Und selbst wenn sie es doch versucht hätte, hätte der Polizist einfach einen Schritt zurücktreten können und hätte sie nicht so schwer verletzen müssen", sagt Erlmeier. Für ihn ist das ein Fall von Körperverletzung im Amt.
Die Polizei hat zunächst einen Notarzt hinzugezogen
Nachdem die Polizei einen Notarzt hinzugerufen hatte, kam die Frau ins Krankenhaus - mit zwei Frakturen im Gesicht, so der Anwalt. Seine Mandantin habe operiert werden müssen. "Ich gestehe ein, dass das äußerst ungünstig wirkt", äußerte sich ein Polizeisprecher zu dem Foto, das die Frau mit blutunterlaufenem, dickem Auge zeigt.
Ob die Frau letztendlich unter Drogeneinfluss stand, ist noch nicht geklärt. Zwar soll die Frau laut Polizei noch an Ort und Stelle einen Drogenkonsum eingeräumt haben, eine Blutentnahme lehnte der diensthabende Richter jedoch ab. Mit einer freiwilligen Abgabe war wiederum die Frau nicht einverstanden.
Wegen Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung wurde die 23-Jährige angezeigt. Dabei habe die Polizei auch den Schlag des Beamten gegen den Kopf der Frau festgehalten. Doch auch die 23-Jährige erstattete über ihren Anwalt beim Polizeipräsidium München Anzeige.
Die Polizei hat deshalb Ermittlungen eingeleitet. Noch am selben Tag wurde die 23-Jährige im Beisein ihres Anwalts vom Dezernat als Zeugin vernommen. Nun wird zu klären sein, ob der Polizeibeamte tatsächlich in Notwehr gehandelt hat. Die Staatsanwaltschaft München I hat den Fall übernommen.
Die Landtags-SPD forderte das Innenministerium auf, den Vorfall umgehend aufzuklären. An eine Notwehrsituation glaubt der SPD-Rechtspolitiker Florian Ritter nicht: "Dafür sind die Verletzungen zu schwer." (mit dpa)