Ludwig Siebert war nicht nur ein Mitläufer. Als SA-Obergruppenführer und Ministerpräsident Bayerns unter der Herrschaft der Nationalsozialisten kann man Siebert getrost als politische Größe im Verbrechensregime bezeichnen. Nach ihm tauften Städte ihre Hallen und Plätze und auch in Augsburg war Siebert Ehrenbürger.
Straße trägt seit knapp 60 Jahren den Namen Ludwig Sieberts
Fast 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs steht nun wegen Siebert die fränkische Touristenstadt Rothenburg ob der Tauber in der Kritik. Dort trägt bis heute eine Straße den Namen des hochrangigen NS-Funktionärs. Der Betreiber einer geschichtskritischen Internetseite, Wolf Stegemann, hält der Stadt vor, trotz neu aufgetauchter Erkenntnisse weiterhin an der Bezeichnung "Ludwig-Siebert-Straße" festzuhalten.
Bei Ludwig Siebert (1874-1942) habe es sich um einen aktiven Nationalsozialisten und strammen Hitler-Gefolgsmann gehandelt, berichtete Stegemann. Siebert sei zudem von 1933 bis 1942 bayerischer Ministerpräsident gewesen. "Und man konnte in dieser Zeit nicht Ministerpräsident werden, wenn man nicht enger Vertrauter von Adolf Hitler war", gibt der in Dorsten (Nordrhein-Westfalen) lebende Redakteur und Publizist zu bedenken.
Amerikaner forderten die Umbenennung der Straße
Besonders befremdlich findet Stegemann, der die Webseite "Rothenburg unterm Hakenkreuz" betreibt, dass die Stadtväter sich noch zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erneut für die Benennung der Straße nach Siebert entschieden haben. Siebert war von 1908 bis 1919 Bürgermeister von Rothenburg. Dabei hätten die US-amerikanischen Besatzer mit Blick auf Sieberts unrühmliche Rolle in der Nazi-Zeit die Umbenennung der früheren Siebert-Straße in Untere Bahnhofstraße angeordnet.
Rothenburgs Oberbürgermeister Walter Hartl (parteilos) rechnet derweil im kommenden Jahr mit einer Umbenennung der Straße. Der Stadtrat werde sich im Frühjahr 2015 mit der Frage auseinandersetzen. "Das Ziel sollte die Umbenennung sein", sagte das Stadtoberhaupt am Montag. Die Stadt beschäftige sich mit der Frage schon länger. Über den Ratsbeschluss aus dem Jahr 1955 wundert sich Hartl rückblickend: "Man wusste, dass Siebert zur NS- Führungsebene gehört hatte und nicht nur ein kleiner Mitläufer war".
Die Stadt Augsburg hat umgehend nach Ende des Zweiten Weltkriegs den 1942 verstorbenen Siebert die Ehrenbürgerwürde umgehend aberkannt. (sün/dpa)