Der Fall Peggy
07. Mai 2001: Die neunjährige Peggy aus dem oberfränkischen Lichtenberg wird letztmalig auf dem Heimweg von der Schule gesehen. Ihre alleinerziehende Mutter gibt noch am Abend eine Vermisstenanzeige auf. Wochenlange Suchaktionen - unter anderem mit Tornados der Bundeswehr - bleiben ohne Erfolg.
August 2001: Der geistig behinderte Gastwirtssohn Ulvi K. wird festgenommen. Er gesteht, sich an Peggy und drei weiteren Kindern sexuell vergangen zu haben.
22. Oktober 2002: Die Ermittler präsentieren den 24-jährigen Gastwirtsohn als mutmaßlichen Mörder der spurlos verschwundenen Schülerin.
28. Februar 2003: Die Staatsanwaltschaft Hof erhebt Anklage wegen Mordes.
07. Oktober 2003: Vor dem Landgericht Hof beginnt der Prozess. Nach fünf Verhandlungstagen platzt er wegen einer fehlerhafter Besetzung der Strafkammer.
11. November 2003: Das Verfahren beginnt erneut.
30. April 2004: Nach 26 Verhandlungstagen wird Ulvi K. wegen Mordes an Peggy zu lebenslanger Haft verurteilt.
17. September 2010: Ein wichtiger Belastungszeuge hat seine Aussage widerrufen und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden.
19. Juli 2012: Die Staatsanwaltschaft Bayreuth kündigt eigene Prüfungen an.
04. April 2013: Der Anwalt Michael Euler beantragt beim Landgericht Bayreuth die Wiederaufnahme des Falls.
22. April 2013: Die Polizei sucht wieder nach Peggys Leiche. Hinweise führen die Ermittler zu einem Anwesen mitten in Lichtenberg. Knochen in einer Sickergrube stammen aber nicht von Peggy-
21. November 2013: Ein Mann aus Halle in Sachsen-Anhalt ist ins Visier der Ermittler gerückt. Er war ein enger Freund von Peggys Familie und gilt für die Staatsanwaltschaft mittlerweile als Tatverdächtiger. Sein Elternhaus wird durchsucht.
09. Dezember 2013: Das Landgericht Bayreuth ordnet die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Ulvi K. an.
08. Januar 2014: Auf dem Friedhof Lichtenberg öffnen die Ermittler ein Grab - sie vermuten, dass im Zuge einer Beerdigung im Mai 2001 Peggys Leiche dort abgelegt worden sein könnte. Doch es gibt laut Staatsanwaltschaft keine Hinweise auf die sterblichen Überreste eines Kindes in dem Grab.
02. April 2014: Der im Fall Peggy zuständige Staatsanwalt wird auf eigenen Wunsch ausgewechselt. Er hatte einem neuen Verdächtigen bei einer Vernehmung den Anwalt verweigert.
10. April 2014: Prozessauftakt im Wiederaufnahmeverfahren gegen Ulvi K. vor dem Landgericht Bayreuth.
07. Mai 2014: Das Landgericht Bayreuth beendet die Beweisaufnahme aus Mangel an Beweisen nach nur sechs Verhandlungstagen vorzeitig.
14. Mai 2014: Ulvi K. wird freigesprochen.
Zwölf Jahre ist es bereits her, dass die damals neunjährige Peggy Knobloch spurlos verschwand. Drei Jahre später wurde der geistig zurückgebliebene Ulvi K. wegen Mordes an dem Kind zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch blieben immer Zweifel an seiner Schuld. Auch, weil keine Leiche gefunden wurde. Die Staatsanwaltschaft Bayreuth nahm im April erneut die Ermittlungen auf.
"Intensive Ermittlungen"
Einen "durchschlagenden Erfolg" habe es dabei bisher aber noch nicht gegeben, erklärte Oberstaatsanwalt Herbert Potzel am Freitag. Man ermittle intensiv, bislang habe es 120 Vernehmungen gegeben. Im Oktober will die Staatsanwaltschaft ihre Stellungnahme zu einer möglichen Wiederaufnahme im Fall Peggy abgeben.
Michael Euler, Anwalt von Ulvi K., will mit einem Wiederaufnahmeantrag die Unschuld seines Mandanten beweisen.
Wichtiger Zeuge ist gestorben
Unterdessen wurde bekannt, dass ein Zeuge, der in Eulers Wiederaufnahmeantrag eine wichtige Rolle spielt, verstorben ist. Euler bestätigte am Freitag entsprechende Medienberichte. Da der Zeuge seine Angaben aber vor einem Ermittlungsrichter gemacht hatte, seien sie weiterhin verwendbar. Der verstorbene Zeuge hatte ursprünglich behauptet, Ulvi habe ihm den Mord gestanden, diese Aussage aber später widerrufen. lby/AZ