Am 28. Juli ging es für Bayerns Schüler und ihre Familien in die Sommerferien. Sonnen, baden, grillen - für all das ist seit jenem Freitag endlich genügend Zeit. Doch es war auch der Tag, an dem das Weihnachtsgeschäft losging. Zumindest in einem Supermarkt in Kulmbach. Für Kunden des oberfränkischen Edeka-Marktes stand ab diesem Zeitpunkt eine Palette Elisenlebkuchen bereit, daneben mehrere Kisten Nürnberger Christkindles-Glühwein. Es war bayern- und deutschlandweit wohl eines der ersten Angebote dieser Art im Einzelhandel. Lebkuchen, knapp fünf Monate vor Heiligabend? "Bei dieser Vorstellung musste ich zuerst lachen", sagt Marktinhaber Michael Seidl. Die Weihnachtsleckereien kämen bei ihm eigentlich erst ab September in den Laden. "In diesem Jahr hat mir ein Lieferant ein so frühes Angebot gemacht und ich habe es ausprobiert", sagt Seidl. Knapp 150 Packungen Lebkuchen hat er also an eben jenem Freitag Ende Juli aufgestellt, nur einen Tag, nachdem sie hergestellt wurden - "ganz frische Ware". Dazu hat der Supermarkt-Betreiber Glühwein aus dem vergangenen Winter angeboten.
Lebkuchen seit Juli in Kulmbacher Supermarkt: Händler ist überrascht über gute Nachfrage
Die Resonanz der Kunden sei gemischt gewesen. Manche hätten sich darüber gefreut, einige mit Unverständnis und Kritik reagiert. Im Internet macht etwa ein Bild des erstaunlich frühen Weihnachtsangebotes aus Oberfranken die Runde. Doch Seidl stellt fest: Die Weihnachtswaren verkaufen sich auch im Sommer sehr solide. Über die Hälfte der Lebkuchen-Packungen seien bereits weg, dazu zwei Kartons Glühwein. "Ein bisschen bin ich schon überrascht, wie gut es läuft", sagt der Händler.
Neben seinem Markt sind knapp zehn andere Supermärkte in den Landkreisen Bayreuth, Kulmbach und Wunsiedel zu diesem frühen Zeitpunkt mit Lebkuchen beliefert worden, teilt der Hersteller "Frank Lebkuchen" mit. Für Geschäftsführer Helmut Frank nichts Besonderes.
"Wir machen das seit zehn Jahren so." Den Sommer-Lebkuchen sieht er als "Marketing-Gag". Denn: Die ersten, oft negativen Empfindungen der Kunden würden sich schnell zu positiven entwickeln. Und so kommt es, dass ein Großteil der Lebkuchen laut Hersteller Frank bis Anfang September in die Supermärkte wandert. Die meisten Kunden würden dann im Oktober und November zugreifen.
Die meisten Kunden kaufen Lebkuchen, Spekulatius und Co. vor Dezember
So komisch es für Adventsromantiker klingt: Lebkuchen, Spekulatius und Co. sind also keine reine Erscheinung der Vorweihnachtszeit. Früher, vor einigen Jahrhunderten, wurde beispielsweise Lebkuchen ganzjährig gegessen. Weil die Zutaten damals knapp wurden, hatte man den Verzehr auf die Weihnachtszeit beschränkt. Heute ist das anders.
Manche Hersteller bieten ihre Waren sogar ganzjährig an, im Einzelhandel sind die Produkte zumindest fast halbjährig zu finden. Die Nachfrage ist da. Das bestätigt der Handelsverband Bayern. "Umfragen zeigen, dass die meisten Kunden Weihnachtswaren vor dem Dezember kaufen", sagt Sprecher Bernd Ohlmann.
In der Regel fange der Verkauf davon Ende August bis Anfang September an - abhängig vom Wetter. Das besonders frühe Angebot in Oberfranken sei zwar die Ausnahme. "Aber auch diese Sachen werden verkauft." Wem es jetzt zu früh dafür sei, der solle die Weihnachtsartikel lediglich als Angebot betrachten und deswegen keinen Groll entwickeln, sagt Ohlmann. Zumal ein großer Teil des Weihnachtssortiments erst noch komme.