Egal was unternommen wird, Kuh Yvonne kann nicht geschnappt werden. Auch am Samstag läuft die Kuh frei durch einen Wald nahe dem oberbayerischen Mühldorf. Selbst eine Falle mit Leckerbissen konnte das scheue Tier nicht anlocken, wie Hans Wintersteller, Gutsverwalter vom Tiergnadenhof Gut Aiderbichl, berichtete. Rund 40 Freiwillige und Aiderbichl-Mitglieder suchten nach Yvonne.
Schon zuvor schlugen allerlei Tricks fehl: Mit ihrer eigens herbeigebrachten Schwester Waltraud und Kälbchen Waldi hat sich Yvonne zwar bei Nacht und Nebel getroffen - fangen ließ sie sich dabei jedoch nicht. Auch Dackel Mirko blieb beim Aufstöbern erfolglos.
Wintersteller kennt die Gewohnheiten des scheuen Tieres inzwischen. "Wir haben sie drei bis vier Mal täglich gesehen und versucht, herauszufinden, welche Wege sie geht und wo sie frisst." Betäuben könne man sie bei diesen kurzen Begegnungen jedoch nicht. "Yvonne ist blitzgescheit, sie hält sich nur im Unterholz auf, wo der Betäubungspfeil wegen des starken Dickichts gar nicht durchkommt."
Deshalb gibt es jetzt eine neue Strategie: Eine Futterfalle soll Yvonne schnappen. In dieser Eisenkonstruktion wird Heu und Silage für ausgelegt. Der frische Duft soll die Kuh anlocken. Sobald sie aus der sogenannten Raufe frisst, schließt sich ein Bügel über ihrem Kopf.
Damit sich Yvonne der Falle ungestört nähern kann, sollen am Sonntag alle Helfer den Wald verlassen. Lediglich zwei Leute sollen im Wald bleiben, um auf Kuh-Schwester Waltraud und das Kälbchen Waldi aufzupassen.
Die größte Gefahr für das scheue Tier ist laut Wintersteller zumindest vorerst gebannt. "Wir haben die gefährlichste Straße mit einem Netz abgeschirmt. Yvonne geht inzwischen nicht mal mehr in die Nähe davon", sagte Wintersteller.
Tierschützer kauften Yvonne
Die Kuh war Ende Mai einem Bauern entwischt, bevor sie geschlachtet werden sollte. Seitdem lebt sie im Wald, verhält sich scheu und wird deshalb auch die "Kuh, die ein Reh sein will" genannt. Nachdem sie vor einigen Tagen beinahe mit einem Polizeiauto zusammengestoßen war, gaben die Behörden sie zum Abschuss frei. Tierschützer von Gut Aiderbichl kauften Yvonne, um sie zu retten.
Yvonne hat im Wald sehr gute Überlebenschancen
Im Wald kann Yvonne aus Sicht eines Experten sehr gut überleben. "Dort ist es schön kühl und es gibt genug zu fressen", sagte Jörg Hartung, Leiter des Instituts für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Yvonne könne zum Beispiel Gras, Beeren und Blätter fressen. Obwohl sie auf einer Weide aufwuchs, wisse sie, welche Pflanzen giftig sind.
Erst im Winter könnte das Nahrungsangebot zu knapp werden. "Zehn bis zwanzig Kilo braucht ein Rind pro Tag", erklärte der Professor. Das würde reichen, da Yvonne keine Leistung wie literweise Milch bringen müsse. Bei einer Schneedecke könnte sie sich möglicherweise von dem Futter ernähren, dass extra für Wildtiere ausgelegt werde. Der Tiermediziner hat außerdem noch eine andere Vermutung: "Ich kann mir gut vorstellen, dass sie sich im Winter erinnert, wo es gutes Futter gibt." Möglicherweise kommt Yvonne dann freiwillig zurück. (dpa)