Im Untersuchungsausschuss zu den Hintergründen der Haderthauer-Affäre hat ein Schlüsselzeuge die Vorwürfe vor allem gegen den Mann der CSU-Politikerin bekräftigt. Zugleich offenbarte die Aussage des Dreifachmörders Roland S. am Freitag im Landtag fragwürdige Zustände im Bezirkskrankenhaus Ansbach über Jahre hinweg.
Roland S. ist seit vielen Jahren in den Bezirkskrankenhäusern Ansbach und Straubing untergebracht. Er war der Hauptkonstrukteur der teuren Luxus-Modellautos, die das Unternehmen "Sapor Modelltechnik" in Ansbach und Straubing fertigen ließ und in alle Welt verkaufte. Mitgesellschafter dort waren nacheinander die spätere Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) und ihr Mann, damals Stationsarzt in Ansbach und heute Landgerichtsarzt in Ingolstadt.
Seit vergangenem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen das Ehepaar Haderthauer, unter anderem wegen Betrugsverdachts. Hintergrund ist eine Anzeige ihres früheren Geschäftspartners Roger Ponton. Der französische Geschäftsmann wirft den Eheleuten vor, ihn um mehrere 10 000 Euro geprellt zu haben. Die CSU-Politikerin musste im Herbst 2014 von ihrem Posten in der Staatskanzlei zurücktreten.
Haderthauer habe immer wieder Druck ausgeübt
Chronologie: Der Fall Haderthauer
Als junge Rechtsanwältin steigt die spätere Staatskanzleichefin Christine Haderthauer 1990 in das Modellauto-Geschäft ein. Ein knappes Vierteljahrhundert später steht sie unter Betrugsverdacht.
16. Mai 1988 - Der dreifache Sexualmörder Roland S. wird vom Landgericht Nürnberg zu lebenslanger Haft und Unterbringung verurteilt. Im Maßregelvollzug lernt S. Assistenzarzt Hubert Haderthauer kennen.
1990 - Der Dreifachmörder baut Modellautos. Haderthauers Frau Christine wird Teilhaberin der Firma Sapor Modelltechnik, die die Autos verkauft. Ein Mitgesellschafter ist der Franzose Roger Ponton. Das Geschäft läuft schlecht, Ponton soll Geld nachschießen. Laut Haderthauer antwortet er nicht auf entsprechende Kontaktversuche und ist seit 1996 nicht mehr erreichbar.
2004 - Haderthauer überträgt nach ihrem Einzug in den Landtag ihren Firmenanteil an Ehemann Hubert.
2008 - Christine Haderthauer wird Ministerin, Hubert Haderthauer - inzwischen Landgerichtsarzt in Ingolstadt - verkauft die Firma.
6. April 2011 - Der nach Darstellung der Haderthauers jahrelang nicht erreichbare Ponton meldet sich und verlangt eine Abfindung für seinen Anteil. Die Parteien einigen sich auf 20 000 Euro.
2013 - Der «Spiegel» berichtet über die Modellauto-Geschäfte. Die bayerische Landesanwaltschaft führt unter anderem wegen der früheren Modellauto-Geschäfte ein Disziplinarverfahren gegen Dr. Haderthauer.
Mai 2014 - Ponton erstattet Betrugsanzeige. Er vermutet, dass die Haderthauers ihn bei der Abfindung um rund 30 000 Euro prellten.
1. August 2014 - Die Staatsanwaltschaft München II leitet förmliche Ermittlungen wegen Betrugsverdachts gegen die Staatskanzleichefin ein. Gegen ihren Mann wurde bereits vorher ermittelt.
5. August 2014 - Seehofer macht den Verbleib Haderthauers im Amt von zwei Faktoren abhängig: dem Ausgang des Ermittlungsverfahrens und eventuellen neuen Enthüllungen.
10. August 2014 - Seehofer fordert von Haderthauer schnelle Aufklärung der Vorwürfe.
1. September 2014: Haderthauer erklärt ihren Rücktritt wegen der «Modellbau-Affäre».
S. berichtete, Hubert Haderthauer habe auf die Modellbauer im Maßregelvollzug in Ansbach immer wieder Druck ausgeübt, schneller zu arbeiten. Er stützte damit seit langem im Raum stehende Vorwürfe, dass es dem Ehepaar in erster Linie um Profit gegangen sei. Christine Haderthauer hatte dagegen im Sommer 2014 gesagt, die Firma sei ein "von Idealismus getragenes Engagement finanzieller Art" gewesen.
Zudem sagte S., dass er das Bezirkskrankenhaus regelmäßig habe verlassen dürfen, beispielsweise zu diversen Modellbau-Messen, aber auch zu einer Besprechung in Sachen "Sapor" im Elsass. Und: S. berichtete von einem gemeinsamen Abendessen, bei dem auch Christine Haderthauer dabei gewesen sei - und ihm das Du angeboten habe. Die CSU-Politikerin hatte dagegen Anfang August 2014 auf Facebook geschrieben, sie sei "niemals mit Herrn R. S. essen gewesen".
Roland S.: Einen Therapieplan habe er nie bekommen
Zudem sagte der Dreifachmörder auf Nachfrage, ob er quasi Leiter der Modellauto-Produktion in Ansbach gewesen sei: "Ja, vom Anfang bis zum Schluss. Vom ersten Bleistiftstrich bis zum Werkstattkehren war ich überall involviert." Einen Therapieplan habe er dagegen trotz wiederholter Nachfragen nie bekommen - erst im vergangenen Jahr.
Der heute 76-jährige Dreifachmörder war 1988 zu lebenslanger Haft und Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt worden. Er hatte 1982 einen 17-jährigen Lehrling und am Jahreswechsel 1985/1986 einen 28-jährigen Arbeiter - beides seine homosexuellen Partner - umgebracht und verstümmelt. Bereits 1972 war er wegen eines solchen Mordes zu einer 14-jährigen Haftstrafe verurteilt worden. dpa/AZ