Noch sind nicht alle Fragen geklärt im Prozess um den Doppelmord von Hirblingen, doch eines steht fest: Der Mörder muss nach seiner Tat eine Menge Arbeit gehabt haben. Er putzte die Wohnung und den Keller der Opfer penibel, verpackte die Leichen der beiden Frauen in Schlafsäcke, transportierte sie mit einem Auto außer Orts und vergrub sie nachts bei niedrigen Temperaturen im Boden. Aber kann ein Mann allein all dies in dem von der Kriminalpolizei angenommenen Zeitraum geschafft haben? Walter Rubach, der Verteidiger des Angeklagten Waldemar N., bezweifelt das stark.
Die Kripo vermutet, dass N. die Frauen am Morgen des Freitag, 9. Dezember 2016, mit mitgebrachten Messern in deren Wohnung getötet hat. Anschließend habe er die Leichen in einem Kellerraum versteckt. Danach soll er die Wohnung so sauber gereinigt haben, dass die Ermittler bei einer ersten Durchsuchung keinerlei Hinweise auf eine Bluttat gefunden haben.
Am Samstagabend kaufte Waldemar N. in einem Gersthofer Baumarkt einen Spaten. Danach ging er zu einer Weihnachtsfeier in eine Bar im Augsburger Stadtteil Oberhausen. Wie lange er genau dort blieb, ist noch unklar. Er selbst hat bei der Polizei ausgesagt, er sei gegen 1 Uhr nach Hause gegangen. Seine Mutter sagt, sie habe ihn gegen 1.30 Uhr heimkommen hören. Verteidiger Rubach hat aber in den Akten die Aussage einer Bedienung der Bar gefunden, die behauptet, N. sei mindestens bis 3 Uhr da gewesen. Womöglich wird die Frau noch als Zeugin gehört. Rubach will dies beantragen.
Die Frage, wie lange N. in der Bar war, ist deswegen bedeutsam, weil er nach Darstellung der Kripo danach in jener Nacht die Leichen von Beate N. und Elke W. mit einem Auto der Opfer zu einer entlegenen Stelle am Flüsschen Schmutter gebracht und sie dort vergraben hat. Das Erdgrab soll gut einen Meter tief gewesen sein und zirka zwei auf drei Meter gemessen haben. Also wären rund sechs Kubikmeter Erde auszuheben gewesen. Nach den Worten eines Kommissars sei der Boden an der Stelle zwar locker gewesen und habe wenige Wurzeln aufgewiesen, der Ermittler sagte aber auch: „Das ist eine ganz schöne Arbeit.“
An diesen Stellen setzt Verteidiger Rubach an, wenn er fragt, ob Waldemar N. einen bisher unbekannten Helfer gehabt hat. „Vieles spricht dafür, dass er das alles gar nicht allein geschafft haben kann und dass es zumindest beim Beseitigen der Spuren und der Leichen einen unbekannten Dritten gegeben hat“, so Rubach. Dieser These will der Anwalt noch weiter nachgehen. Zumal sich am Auto von Beate N., mit dem die Leichen transportiert worden sind, auch DNA-Spuren von Freunden Waldemar N.s und weiteren Personen gefunden wurden. Der Kripo-Kommissar sagte jedoch, die Ermittler hätten keine Hinweise auf einen weiteren Täter oder einen Helfer.
Doppelmord von Hirblingen: Waldemar N. schweigt beharrlich
Da Waldemar N. weiterhin beharrlich schweigt, muss auch der genaue Ablauf der Tat im Prozess rekonstruiert werden. Der Sachverständige Dr. Martin Schulz vom Münchner Institut für Rechtsmedizin tat dies am Donnerstagvormittag anhand der Blutspuren im Haus der Opfer. Diese waren mit der Chemikalie Luminol sichtbar gemacht worden, die mit Blut reagiert und die entsprechenden Stellen bläulich leuchten lässt. Nach Schulz‘ Darstellung hat sich das Verbrechen vor allem im Keller des Hauses abgespielt, nachdem es zuvor im Erdgeschoß möglicherweise zu Schlägen mit Händen oder Gegenständen gekommen sein kann. Blutspuren finden sich im Erdgeschoß aber praktisch nicht. Ganz anders im Keller. Dort muss es nach den Spuren ein Blutbad gegeben haben. Das stimmt auch mit den rund drei Dutzend Messerstichen überein, die die Leichen der Frauen trugen.
Der Täter hat laut Schulz die Opfer wahrscheinlich in den Kellerräumen niedergestochen. Er packte sie dann – wahrscheinlich in der Waschküche – in Schlafsäcke und begann anschließend zu putzen. Dabei trug er offensichtlich sogenannte Crocs. Die Leichen der Frauen zog er an den Füßen durchs Haus bis in die Garage. Das belegen Schleifspuren überall am Boden. Zum Putzen benutzte der Täter Utensilien aus dem Keller. Schulz fand auch zwei Abdrücke nackter Füße in der Dusche. Das bringt ihn zu der Vermutung: Waldemar N. hat nach der Tat im Keller der Frauen geduscht – denn er muss sich bei der Tat und beim Säubern stark mit Blut verschmutzt haben. Wäre er so aus dem Haus gegangen, hätte das bei jemandem, der ihn sieht, Verdacht erregen können.
Die Beweisaufnahme in dem Doppelmord-Prozess neigt sich nun rasch dem Ende zu. Nach einer Pause sollen am 22. November die restlichen drei Gutachter aussagen: zwei von der Rechtsmedizin und der psychiatrische Sachverständige. Kommen dann keine Beweisanträge der Verteidiger Walter Rubach und Hansjörg Schmid, folgen die Plädoyers. Das Urteil könnte am 6. Dezember fallen.
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