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Die Doppelrolle der CSU in der Euro-Krise

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Die Doppelrolle der CSU in der Euro-Krise

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    Horst Seehofer muss Position in der Politik zur Euro-Krise beziehen.
    Horst Seehofer muss Position in der Politik zur Euro-Krise beziehen.

    In Sachen Europa spielt die CSU seit jeher eine Doppelrolle: Vor Publikum posiert die Partei gerne als Keimzelle des Widerstands gegen Brüssel, in Berlin dagegen trägt sie alle wesentlichen Entscheidungen pro Europa mit. Das stellt CSU-Chef Horst Seehofer nun bei der Euro-Rettung vor ein akutes Problem. Er markierte 2011 zwei rote Linien: Keine Erhöhung des dauerhaften ESM-Rettungsfonds über 500 Milliarden Euro und keine Erhöhung der deutschen Bürgschaften über 211 Milliarden Euro.

    Doch Seehofers rote Linien sehen inzwischen ziemlich blassrosa aus: Auch wenn das Kapital des ESM nicht über 500 Milliarden Euro erhöht werden sollte, ist jetzt schon absehbar, dass der ESM und sein Vorgängerfonds EFSF zumindest zeitweise parallel nebeneinander bestehen werden. So positionierte sich am Montag auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin.

    Eigentlich sollte der ESM ab Juli den bisherigen Rettungsschirm EFSF ablösen. Bei einer parallelen Laufzeit wäre dann auch das für eventuelle Rettungsaktionen zur Verfügung stehende Kapital höher. Ebendies gilt somit auch für die deutschen Bürgschaften: Die Gesamthaftungssumme für zwei kombinierte Schirme wäre höher als nur für einen Schirm - nach den derzeit in den Medien kursierenden Berechnungen läge sie bei 280 Milliarden, vielleicht auch bei 290 Milliarden Euro.

    Gauweiler sieht "rote Linien überschritten"

    "Ganz klar" seien die roten Linien überschritten, sagt Peter Gauweiler, der prominenteste Euro-Skeptiker der CSU. "Wir können doch alle lesen." Doch Seehofer widerspricht. Seine Argumente ähneln denen, mit denen Bankberater bei der Vergabe von Kredite ängstliche Bürgen zu beruhigen suchen: Die Übernahme einer Bürgschaft heißt nicht, dass diese auch in voller Höhe in Anspruch genommen wird. "Diese Rettungsschirme bedeuten noch nicht eine Erhöhung der Haftung", meint Seehofer. Er verweist darauf, dass ja noch der Bundestag zustimmen müsste, wenn die deutsche Haftung tatsächlich in Anspruch genommen werden sollte - also weitere Zahlungen an ein Schuldenland notwendig werden.

    Rettungsschirme, EFSF und ESM

    Griechenland-Pleite, Rettungsschirme, Eurobonds, EFSF, ESM: Beim Thema Euro-Krisen schwirren etliche Fachbegriffe herum. Lesen Sie hier in Kurzform, was Sie zum Thema Rettungsschirme wissen müssen.

    EFSF steht für Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (European Financial Stability Facility) und ist eine Aktiengesellschaft, die notleidenden Euro-Staaten helfen soll. Sollte ein EU-Land in Not geraten, kann die im Juni 2010 gegründete EFSF Anleihen bis zu 440 Milliarden Euro ausgeben. Dafür haften die Euro-Länder.

    Kritik am EFSF: Im Vertrag von Maastricht wurde eine so genannte Nichtbeistands-Klausel (No-bailout-Klausel) vereinbart, die die Haftung der Union oder einzelner Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten untersagt. Auf Druck des Nicht-Eurolandes Großbritannien wurde durchgesetzt, dass bei Krediten für Staaten, die Mitglieder der Eurozone sind, nur die übrigen Eurostaaten haften.

    Der EFSF soll bis Juni 2013 aktiv bleiben und dann abgelöst werden, nämlich vom ESM.

    ESM steht für Europäischer Stabilitäts-Mechanismus und ist der permanente Euro-Rettungsschirm. Seine wichtigsten Instrumente sind Notkredite und Bürgschaften für überschuldete EU-Staaten. Jedes Land, das Hilfe aus dem ESM erhält, muss im Gegenzug bestimmte wirtschaftliche Konsequenzen ziehen.

    Kritiker sagen, dass Rettungsschirme und Bürgschaften es Ländern erleichtern, Schulden zu machen. Wenn es wirklich eng wird, treten schließlich die anderen EU-Länder ein und helfen.

    Eurobonds: Darunter versteht man eine EU-Staatsanleihe. Das bedeutet, die Länder der EU würden gemeinsam Schulden aufnehmen - und auch gemeinsam für sie haften. Hinter der Idee steht die Hoffnung, dass die Kreditwürdigkeit der Eurozone als Ganzes von den Finanzmärkten und den Ratingagenturen höher eingeschätzt wird als die seiner einzelnen Mitgliedstaaten.

    Die Befürworter dagegen erklären, dass notleidenden EU-Staaten geholfen werden muss. sie warnen vor einem Domino-Effekt. Heißt: Wenn ein Land tatsächlich pleite geht, reißt es andere Länder mit sich.

    "Die Umsetzung der Rettungsschirme erfolgt durch Rettungspakete, wie zuletzt Griechenland", sagt Seehofer. "Die werden so von uns behandelt wie in der Vergangenheit auch, immer mit Zustimmung des Parlaments - jede einzelne Entscheidung." Gauweiler reagiert spöttisch auf dieses Argument: "Das ist das Wesen einer Bürgschaft, dass die Haftung erst eintritt, wenn man pleite ist."

    Seehofer will eigentlich die Finanzmärkte an die Kandare nehmen. Nun muss er indirekt einräumen, dass es die Finanzmärkte, die europäischen Nachbarn und die USA sind, die die deutsche Politik mitsamt der CSU an die Kandare nehmen: "Das ist jetzt das Mittel, um die Finanzmärkte dauerhaft zu stabilisieren und Vertrauen dauerhaft herzustellen", sagt Seehofer über die Kombination der beiden Rettungsschirme. Denn ohne höheren Beitrag der Europäer - und damit auch der Deutschen - ist auch der Internationale Währungsfonds (IWF) nicht bereit, sich stärker zu engagieren. Doch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt versichert: "Die rote Linie bleibt."

    Das glauben noch nicht einmal alle CSU-ler. Erstmals seit langem hat sich sogar ein einsamer Demonstrant bei der CSU-Vorstandssitzung eingefunden - ein einfaches Parteimitglied. "Jede Erklärung ist nach drei Monaten wieder hinfällig", schimpft er. "Das stört die Leute ganz gewaltig."

    Doch Deutschland, so der frühere CSU-Chef Edmund Stoiber, sei "Führungsmacht" in Europa - nicht mehr nur wirtschaftlich wie in den 70er und 80er Jahren, sondern auch politisch. Die CSU muss nun auf europäischer Ebene erleben, dass mehr Macht auch mehr teure Pflichten mit sich bringt. "Wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden", sagt Stoiber. dpa/AZ

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