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Bundestagswahl: Die CSU kommt in Wallung - Merkel und Seehofer weniger

Bundestagswahl

Die CSU kommt in Wallung - Merkel und Seehofer weniger

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    Horst Seehofer ist angeblich selbst ziemlich erschrocken, als er hinterher im Fernsehen sah, welch ein schlechtes Bild Angela Merkel und er am Montag abgegeben haben.
    Horst Seehofer ist angeblich selbst ziemlich erschrocken, als er hinterher im Fernsehen sah, welch ein schlechtes Bild Angela Merkel und er am Montag abgegeben haben. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Krasser als auf diesen Fotos könnte der Unterschied kaum sein. Am Montag dieser Woche verkündete CSU-Chef Horst Seehofer zum Abschluss eines Versöhnungstreffens mit der CDU-Spitze, dass seine Partei nun doch CDU-Chefin Angela Merkel als Kanzlerkandidatin unterstützt. Begeisternd wurde diese Botschaft von den beiden Parteivorsitzenden allerdings nicht in die Öffentlichkeit transportiert. Am Dienstag stellte sich der SPD-Politiker Frank-Walter Steinmeier als designierter Bundespräsident im Landtag vor. Die Bilder von seinem Auftritt mit Seehofer vermittelten Harmonie und eitel Sonnenschein. Reiner Zufall? Verkehrte Welt?

    In der Welt der CSU jedenfalls lösten die Bilder einige heftige Gefühlswallungen aus. Als der Parteichef tags darauf in die Sitzung der CSU-Landtagsfraktion kam, hatte er einiges zu erklären. Das war schon mit dem Pro-Merkel-Beschluss nicht ganz einfach. Mehrere Abgeordnete attestierten der CSU ein Glaubwürdigkeitsproblem, berichteten von einer nach wie vor eindeutigen Anti-Merkel-Stimmung in Teilen der Parteibasis und äußerten ihre Sorge, dass der Bundestagswahlkampf unter dieser Voraussetzung für die Union wohl nur schwer zu führen sei. Seehofer gab die bekannten Antworten: Dass Merkel trotz ihrer Fehler in der Flüchtlingspolitik eine herausragende Kanzlerin sei. Dass CSU und CDU ab jetzt wieder geschlossen auftreten müssten. Dass es für Deutschland um eine politische Richtungsentscheidung gehe.

    Auffallende Fernsehbilder von Seehofer und Merkel

    Streit zwischen Merkel und Seehofer: Eine Chronologie

    31. August 2015: «Wir schaffen das», sagt Merkel über die Bewältigung der Flüchtlingszahlen. Kurz darauf lässt sie die Grenzen offen, als Schutzsuchende massenweise von Ungarn über Österreich nach Deutschland einreisen. Seehofer nennt das einen Fehler.

    9. Oktober 2015: Der CSU-Chef droht Merkel mit einer Verfassungsklage, falls der Bund den Flüchtlingszuzug nicht eindämmen sollte. Rund zwei Monate später legt er das Vorhaben zu den Akten, nachdem sich ein CDU-Parteitag für eine deutliche Reduzierung der Zahlen aussprach.

    20. November 2015: Auf dem CSU-Parteitag in München brüskiert Seehofer die Kanzlerin auf offener Bühne. Er kritisiert sie fast eine Viertelstunde lang, während sie neben ihm steht.

    3. Januar 2016: Seehofer nennt erstmals eine konkrete Obergrenze: «maximal 200.000» Flüchtlinge pro Jahr. Merkel ist strikt dagegen.

    21. Januar 2016: Wegen seiner «tiefen Enttäuschung» bezeichnet Seehofer im Sender N-TV das Vertrauensverhältnis zu Merkel als «angeknackst».

    22. Januar 2016: Merkel sagt auf dem CDU-Neujahrsempfang in Greifswald, dass die Zahl der Flüchtlinge «spürbar reduziert» werden müsse.

    10. Februar 2016: Seehofer nennt die Grenzöffnung für Flüchtlinge im Herbst 2015 «eine Herrschaft des Unrechts».

    Ende Februar 2016: Ob seine Partei Merkel wieder als Kanzlerkandidatin unterstützen werde? «Nächste Frage», sagt Seehofer dem «Spiegel».

    25. Juni 2016: Bei einer Unionsklausur in Potsdam bemühen sich Merkel und Seehofer um Einigkeit. Sie kündigen sechs CDU/CSU-Kongresse zu gesellschaftlichen Themen für die kommenden Wochen an. Bereits zuvor hatte Seehofer wieder «ein Fundament des Vertrauens» erkannt.

    Mitte September 2016: Merkel sagt der «Wirtschaftswoche», sie wolle ihren Wir-schaffen-das-Satz «am liebsten kaum noch wiederholen».

    19. September 2016: Nach dem CDU-Wahldesaster in Berlin gibt Merkel in Sachen Flüchtlingspolitik zu, «dass wir eine Zeit lang nicht ausreichend Kontrolle hatten». Seehofer begrüßt diese Stellungnahme.

    24. Oktober 2016: Seehofer sagt, dass er keine CSU-Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl anstrebt - schließt sie aber auch nicht völlig aus.

    5. November 2016: Merkel nimmt erstmals nicht an einem CSU-Parteitag teil. Ein Antrag, dass die CSU keine weitere Amtszeit Merkels unterstützen solle, fällt bei den Delegierten allerdings durch.

    20. November 2016: Merkel kündigt ihre vierte Kanzlerkandidatur an.

    24. November 2016: Der CSU-Chef macht eine Begrenzung der Zuwanderung zur Bedingung für eine erneute Regierungsbeteiligung. Später präzisiert er, dass er ohne Obergrenze lieber in die Opposition gehen würde.

    5. Dezember 2016: Ein CDU-Parteitag spricht sich gegen die doppelte Staatsbürgerschaft aus. Merkel will den Beschluss nicht umsetzen. Doch Seehofer ist zufrieden mit der «Gesamtentwicklung» der CDU.

    30. Januar 2017: Der CSU-Vorstand gibt einstimmig grünes Licht, Merkel auch zur eigenen Kanzlerkandidatin auszurufen.

    6. Februar 2017: In einer Sitzung beider Parteipräsidien erklärt Seehofer offiziell die Unterstützung der CSU für Merkel. dpa

    Ziemlich ratlos aber war Seehofer, wie Teilnehmer der Sitzung berichteten, über die Fernsehbilder mit ihm und Merkel. Er verstehe das nicht, wie das zustande kam. Es seien doch wirklich „zwei gute Tage“ mit den Kollegen von der CDU und auch mit der Kanzlerin gewesen. Und als er dann neben ihr in der Pressekonferenz saß, habe er Merkels missmutigen Gesichtsausdruck auch nicht bemerkt. Er könne ja nicht dauernd im rechten Winkel zu seiner Nachbarin schauen. Erst daheim vorm Fernseher sei ihm klar geworden, dass dieser Auftritt keinerlei Aufbruchstimmung vermittle.

    Die Sache mit Steinmeier verschärfte dann noch einmal den Unmut in der CSU. Dass Seehofer den künftigen deutschen Bundespräsidenten im Landtag freundlich und höflich begrüße, sei ja völlig in Ordnung, hieß es aus der Fraktion. Es sei halt nur dieser Gegensatz zum Vortag mit Merkel. Und überhaupt: Dass Steinmeier Bundespräsident werde und bayerische CSU-Abgeordnete diesen Sonntag bei der Bundesversammlung in Berlin auch noch für ihn stimmen müssen, das habe der CSU ja auch „die Merkel“ eingebrockt. Ausgerechnet jetzt, da die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz die Union herausfordere und dafür auch noch kräftigen Rückenwind in Umfragen bekomme, müsse die CSU sich noch einmal den Zwängen der Großen Koalition beugen. „Am liebsten würde ich mich am Sonntag krank melden“, sagte ein CSU-Mann.

    Immerhin: Die Sitzung der CSU-Landtagsfraktion ging am Mittwochabend dann doch noch harmonisch zu Ende. Seehofer, Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Innenminister Joachim Herrmann und Ex-CSU-Chef Erwin Huber hatten mit ihren Argumenten die Merkel-Kritiker überzeugt. Es gehe bei diesem Wahlkampf schließlich nicht nur um die Obergrenze. Es gehe auch um die Rolle und das Wohl Deutschlands in einer unruhigen Welt. Auf wen sonst als auf Merkel könne die Union da setzen?

    Viele CSU-Anhänger waren gegen Merkel als Kanzlerkandidatin

    Horst Seehofer und der SPD-Politiker und designierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatten im Landtag offenkundig viel Spaß miteinander.
    Horst Seehofer und der SPD-Politiker und designierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatten im Landtag offenkundig viel Spaß miteinander. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Die Atempause für die CSU-Abgeordneten währte nur kurz. Donnerstag früh machte im Landtag die Nachricht von einer neuen Umfrage die Runde. Demnach lehnen 39 Prozent der CSU-Anhänger Merkel als CSU-Kanzlerkandidatin ab. Einige reagierten fassungslos. „Das glaub ich nicht“, sagte Sozialstaatssekretär Johannes Hintersberger. Einige reagierten gereizt. CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer lehnte einen Kommentar ab. Andere gingen zum Gegenangriff über. „100 Prozent der CSU-Anhänger wollen Schulz nicht als Kanzler“, sagte der Allgäuer Abgeordnete Klaus Holetschek.

    Der Befund der Umfrage, so räumten aber fast alle ein, entspreche ihren Beobachtungen in den Stimmkreisen. Angelika Schorer (Marktoberdorf) oder Eberhard Rotter (Lindau) bestätigten, dass sich die Pro- und Contra-Merkel-Stimmen an der Basis etwa die Waage hielten. Nun müsse man Überzeugungsarbeit leisten. Der Chef der Jungen Union, Hans Reichhart, formulierte als Ziel: „Am Schluss geht es nicht um Merkel, sondern darum, dass wir als Bayern in Berlin stark vertreten sind.“

    Das sieht Schwabens CSU-Chef Markus Ferber ähnlich. „Da liegt ein großes Stück Arbeit vor uns. Ich bin aber überzeugt, dass wir die CSU-Wähler wieder erreichen können, wenn es heißt: Merkel oder Schulz“, sagte Ferber auf Anfrage.

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