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Fall Peggy: Darf Ulvi K. die Psychiatrie verlassen?

Fall Peggy

Darf Ulvi K. die Psychiatrie verlassen?

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    Thomas Saschenbrecker, Anwalt von Ulvi K., spricht nach einem Anhörungstermin vor dem Gericht in Bayreuth (Bayern) mit Medienvertretern.
    Thomas Saschenbrecker, Anwalt von Ulvi K., spricht nach einem Anhörungstermin vor dem Gericht in Bayreuth (Bayern) mit Medienvertretern. Foto: David Ebener, dpa

    Das Landgericht Bayreuth hat überprüft, ob der im Fall Peggy freigesprochene Ulvi K. weiter in der Psychiatrie bleiben muss. Eine Entscheidung ist am Donnerstag aber noch nicht gefallen, wie ein Justizsprecher sagte. Die Strafvollstreckungskammer werde ihren Beschluss schriftlich verkünden.

    Peggy verschwand 2004

    2004 war der heute 37-Jährige aus Lichtenberg (Landkreis Hof) wegen des Mordes an dem bis heute verschwundenen Mädchen Peggy verurteilt worden. Im Wiederaufnahmeverfahren ist der geistig behinderte Mann im vorigen Jahr freigesprochen worden. In der Psychiatrie sitzt er allerdings wegen des sexuellen Missbrauchs von mehreren Kindern.

    Die Anhörung fand nach Angaben des Gerichts routinemäßig statt - jedes Jahr gibt es eine derartige Überprüfung. Der Termin am Donnerstag wurde aber besonders aufmerksam verfolgt, weil es der erste nach dem Freispruch im Fall Peggy war. Einige Unterstützer des Straftäters hatten sich vor dem Gerichtsgebäude in Bayreuth versammelt, um ihre Solidarität zu bekunden.

    Ulvi K. und der Kampf um die Entlassung

    Fragen und Antworten zum Fall Peggy

    Weshalb wird der Fall Peggy nach zehn Jahren neu aufgerollt?

    Das Landgericht Bayreuth ordnete die Wiederaufnahme des Verfahrens aus zweierlei Gründen an: Ein wichtiger Belastungszeuge räumte im September 2010 ein, falsch ausgesagt zu haben. Er hatte 2004 behauptet, Ulvi K. habe ihm den Mord an Peggy gestanden. Beim damaligen Prozess war außerdem nicht bekannt, dass die Ermittler eine Tathergangshypothese erstellt hatten - sie war dem späteren Geständnis von Ulvi K. verblüffend ähnlich.

    Wie und weshalb soll Ulvi K. die kleine Peggy getötet haben?

    Das Gericht war davon überzeugt, dass der Gastwirtsohn die Schülerin zunächst auf einem Feldweg verfolgte und ihr dann so lange Mund und Nase zuhielt, bis sie sich nicht mehr rührte. Mit diesem Mord habe er einen vier Tage zuvor begangenen sexuellen Missbrauch an Peggy vertuschen wollen, heißt es im Urteil.

    Warum gibt es Zweifel an dieser Version?

    Ulvi K.'s Betreuerin Gudrun Rödel führt ins Feld, dass er wegen seines enormen Körpergewichts gar nicht in der Lage gewesen wäre, dem Mädchen hinterherzurennen. Außerdem müsste ein geistig Behinderter das perfekte Verbrechen begangen haben - denn die Leiche von Peggy wurde nie gefunden. Auch Spuren gibt es so gut wie keine.

    Welche Behinderung hat Ulvi K.?

    Der heute 36-Jährige erlitt im Alter von zweieinhalb Jahren eine Gehirnhautentzündung. Seitdem ist er geistig behindert. Ein Gutachten aus dem Jahr 2003 bescheinigte ihm einen IQ von 67.

    Wo ist Ulvi K. untergebracht?

    Ulvi K. ist in keinem Gefängnis. Wegen exhibitionistischen Handlungen vor Kindern wurde er noch vor seiner Verurteilung im Fall Peggy in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen. Dort befindet er sich noch immer. Seine Freiheitsstrafe wegen Mordes hat er noch nicht angetreten. Sollte Ulvi K. von dem Vorwurf freigesprochen werden, kommt er nicht automatisch aus der Psychiatrie frei.

    Stimmt es, dass Ulvi K. und Gustl Mollath befreundet sind?

    Ja. Beide waren für einige Zeit in der gleichen psychiatrischen Einrichtung untergebracht und freundeten sich dort an. Vor einigen Wochen trafen sich Ulvi K. und der mittlerweile entlassene Gustl Mollath in Bayreuth auf einen Kaffee.

    Wurde bei der Suche nach Peggy tatsächlich auch Hinweisen von Hellsehern nachgegangen?

    Die Polizei prüfte jeden Hinweis zunächst auf Plausibilität. Das galt auch für Tipps von Hellsehern. Denn: Der Täter hätte sich als Hellseher ausgeben können, um sich nicht verdächtig zu machen, wie ein Polizeisprecher erklärt.

    Lebt Peggy womöglich noch?

    Die Unterstützer von Ulvi K. haben diese Theorie immer wieder ins Spiel gebracht. Sie glauben an eine Entführung. Bereits bei den ersten Ermittlungen 2001 und 2002 gaben Zeugen an, ein Auto mit tschechischem Kennzeichen in Lichtenberg gesehen zu haben, in das Peggy eingestiegen sei. Diese Spur führte aber ins Leere.

    Im Sommer war ein neues Gutachten über Ulvi K. in Auftrag gegeben worden. Das kommt zu dem Schluss, dass der Mann weiter Therapiebedarf hat. Dennoch will sein neuer Verteidiger Thomas Saschenbrecker für die Entlassung aus der Psychiatrie kämpfen. Ulvi K. soll dann in einer Wohngruppe leben und betreut werden.

    Der Fall Peggy ist einer der spektakulärsten Kriminalfälle der vergangenen Jahre in Deutschland. Die damals neun Jahre alte Schülerin verschwand im Mai 2001 im Landkreis Hof. Bis heute fehlt jede Spur von ihr.

    Ulvi K. kam nach dem Schuldspruch 2004 im Fall Peggy nicht ins Gefängnis, sondern in die Psychiatrie. Der Grund: Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er in Lichtenberg mehrere Kinder missbraucht hatte. dpa/lby

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