Beate Merk (Neu-Ulm) sieht gesellschaftliche Entwicklungen, bei denen die Rechtspolitik zwingend handeln muss. In der nächsten Legislaturperiode des Landtags werde es auch darum gehen, auf offene Fragen eine Antwort zu finden, sagte die CSU-Politikerin im Interview mit unserer Zeitung.
Frau Merk, die Zahl der in der Psychiatrie untergebrachten Täter, ob zivil- oder strafrechtlich, ist zuletzt deutlich gestiegen. Wie müssen wir darauf reagieren, dass psychische Auffälligkeiten scheinbar zunehmen?
Merk: Da sprechen Sie eine Frage an, die für mich ein ganz großes Thema ist: Wie lassen sich Freiheit und Sicherheit in einen angemessenen Ausgleich bringen? Wir müssen die Frage beantworten, wo die Grenze zwischen einer hinnehmbaren psychischen Auffälligkeit und einer nicht mehr hinnehmbaren, gefährlichen Störung verläuft.
Das bedeutet das konkret?
Merk: Die Unterbringung in der Psychiatrie ist immer auch ein Freiheitsentzug – und Freiheit ist ein enorm wichtiges Gut. Die Unterbringung sollte deshalb das letzte Mittel sein – also nur greifen, wenn kein milderes Mittel in Frage kommt. Das ist einer der Punkte, die ich ausdrücklich ins Gesetz schreiben will – wobei es sich um ein Bundesgesetz handelt, das Bayern selbst nicht ändern kann. Ich schlage weiter vor, dass schon nach sechs Monaten der Unterbringung ein externer Gutachter, also ein Sachverständiger, der von außen kommt, mit der Prüfung des Falles betraut wird. Heute wird die Unterbringung jedes Jahr gerichtlich überprüft – aber erst nach fünf Jahren muss ein externer Gutachter hinzugezogen werden.
Wie geht es dann weiter?
Merk: Wenn jemand fünf Jahre in der Psychiatrie untergebracht ist, wird er in der Regel entlassen. Eine längere Unterbringung kommt nur dann in Frage, wenn eine hohe Gefährlichkeit festgestellt wird. Aber nicht nur die Freiheit ist ein hohes Gut, sondern auch die Sicherheit der Menschen in unserem Land. Wir müssen deshalb zum Schutz der Bevölkerung die Möglichkeit wieder einführen, psychisch gestörte, hochgefährliche Gewalt- und Sexualstraftäter auch nach ihrer Haft in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen und zu therapieren, auch wenn sie sich erst nach ihrer Verurteilung als gefährlich erweisen.
Sie haben auch einen besseren strafrechtlichen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch gefordert.
Merk: Ja, der Schutz derjenigen, die sich selbst nicht wehren können, und das sind vor allem unsere Kinder, ist mir seit jeher ein besonderes Anliegen. Die Verjährungsfrist von derzeit 10 oder 20 Jahren – je nach Grad der Straftat – muss auf mindestens 30 Jahre verlängert werden. Am liebsten wäre mir überhaupt keine Verjährungsfrist. Denn die kleinen Opfer leiden meist ein Leben lang unter dem Missbrauch und finden oft erst spät die Kraft, ihren Peiniger anzuzeigen.
Gehen Sie eventuell noch einen Schritt weiter?
Merk: Sexueller Missbrauch von Kindern, der für sie immer brutal und seelisch belastend ist, muss in jedem Fall klar als Verbrechen gewertet werden. Bislang gelten sogenannte „einfache“ Fälle nur als Vergehen. Interview: Jörg Sigmund