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Kempten: Allgäuer Chef-Drogenfahnder wegen Kokainbesitzes verhaftet

Kempten

Allgäuer Chef-Drogenfahnder wegen Kokainbesitzes verhaftet

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    Die Drogen wurden nicht im Wohnhaus gefunden, sondern nach Informationen unserer Zeitung im Spind des Beamten im Präsidium.
    Die Drogen wurden nicht im Wohnhaus gefunden, sondern nach Informationen unserer Zeitung im Spind des Beamten im Präsidium. Foto: Symbolfoto: Christian Charisius, dpa

    Schwerer Verdacht gegen einen hochrangigen Beamten des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West: Beim Leiter der Kemptener Drogenfahndung wurden 1,5 Kilo Kokain gefunden. Das Rauschgift kann je nach Reinheitsgrad einen Marktwert von bis zu 250.000 Euro haben. Der 52-Jährige sitzt seit einer Woche in Untersuchungshaft, das Landeskriminalamt ermittelt.

    Polizeipräsident Hans-Jürgen Memel will den Ermittlungen nicht vorgreifen. Nach bisherigem Kenntnisstand hält er den Vorfall jedoch für „den gravierendsten seit meinem Dienstbeginn in Kempten vor fast 20 Jahren“. Weitere Stellungnahmen lehnt Memel ab – ebenso wie die Staatsanwaltschaft München I, die die Untersuchung leitet.

    Die Ermittler waren dem Beamten im Rang eines Ersten Kriminalhauptkommissars nach einem Vorfall am vergangenen Wochenende auf die Spur gekommen: Seine Ehefrau hatte die Polizei gerufen, nachdem es im Wohnhaus der beiden im Landkreis Oberallgäu zu einer Auseinandersetzung gekommen war. Möglicherweise handelt es sich um einen Fall von häuslicher Gewalt – die Staatsanwaltschaft spricht vom „Verdacht von Straftaten des Beamten zum Nachteil seiner Ehefrau“.

    Einen Fluchtversuch hat der Polizist wohl nicht unternommen

    Die Drogen wurden nicht im Wohnhaus gefunden, sondern nach Informationen unserer Zeitung im Spind des Beamten im Präsidium. Wo der Mann verhaftet wurde, ist bisher nicht bekannt. Es war aber offenbar weder daheim noch in der Dienststelle. Einen Fluchtversuch hat der Polizist wohl nicht unternommen. Unklar ist auch, woher die 1,5 Kilogramm Kokain stammen. Der 52-Jährige war als Leiter der Drogenfahndung mit der Vernichtung von sichergestelltem Rauschgift betraut, das könnte eine Quelle sein. Gegen diese Erklärung spricht jedoch, dass konfiszierte Drogen laut Dienstvorschrift in der Asservatenkammer aufzubewahren sind.

    Denkbar ist auch, dass der Beamte das Kokain auf anderem Wege beschafft hat. Die Ermittler prüfen außerdem, ob der Kommissariatsleiter mit den Drogen gehandelt hat. Dass er 1,5 Kilo Kokain für den Eigengebrauch gehortet haben könnte, gilt als sehr unwahrscheinlich. Vor dem Hintergrund des aufsehenerregenden Rauschgiftfundes stellt sich die Frage, wie die Arbeit der Allgäuer Drogenfahndung zu bewerten ist. Im vergangenen September etwa gab es eine groß angelegte Razzia in Kempten und im Oberallgäu. Nach monatelanger Vorarbeit hatten über 100 Beamte 33 Wohnungen durchsucht. Dabei fanden sie aber nur 15 Gramm Kokain und 15 Gramm Marihuana. Die Frage, ob die Verdächtigen damals rechtzeitig gewarnt wurden, möchte heute niemand beantworten.

    Gibt es Komplizen im Kollegenkreis?

    Im Polizeipräsidium hat der Fall für Aufruhr gesorgt. Kollegen des Mannes sind überzeugt, dass es sich um einen Einzeltäter handelt: Es gebe keinen Hinweis auf Komplizen im Kreis seiner Mitarbeiter. Der Beamte selbst wird als ruhiger Typ beschrieben, über den es „keinerlei Auffälligkeiten“ zu berichten gebe. „Wir alle sind extrem erstaunt“, bringt es ein erfahrener Beamter auf den Punkt. Zugleich pocht er auf eine konsequente Aufklärung durch die Münchner Ermittler.

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