Knapp zwei Stunden waren am Mittwochabend die Bahngleise in Augsburg-Hochzoll gesperrt. "Notarzteinsatz am Bahngleis". Hinter dieser nüchternen Kurzmitteilung der Deutschen Bahn steckt oft ein tragischer Todesfall, der Leid über die Betroffenen, Angehörigen und auch über die Lokführer bringt.
Für die Zugpassagiere bedeutet die Mitteilung, sich auf längere Wartezeiten einstellen zu müssen. Und für die Bahn selbst? Dort läuft in so einem Moment ein genau festgelegter Notfallplan ab. Ein Plan, der auch viel Aufwand bedeutet.
Meist melden Lokführer, Schaffner oder Reisende der Bahn, wenn sich ein Vorfall ereignet hat, der den Zugverkehr zum Stillstand bringt. Das kann ein tragischer Suizid sein, aber auch ein Vorfall wie ein umgestürzter Baum. "Für solche Fälle gibt es klar festgelegte Meldestellen und Meldewege", erklärt uns ein Bahnsprecher. Bei der Bahn ist die zentrale Meldestelle die Notfall-Leitstelle. Davon gibt es sieben, die rund um die Uhr erreichbar und quer über Deutschland verteilt sind. Eine der Notfall-Leitstellen befindet sich in München. Die anderen sind in Hannover, Duisburg, Frankfurt, Karlsruhe, Leipzig und Berlin.
"Die Bahnmitarbeiter der Notfall-Leitstelle stimmen sich mit der Polizei und den Rettungs- und Hilfskräften ab und stehen für Rückfragen zur Verfügung", berichtet der Bahnsprecher.
Eine wichtige Rolle spielt auch der Notfallmanager. Er ist der Mann vor Ort. Er rückt für die Bahn zu dem betroffenen Gleisabschnitt aus. "Der Notfallmanager muss im Dienst ständig erreichbar sein. Sein Zuständigkeitsbereich ist so zugeschnitten, dass er unter Berücksichtigung normaler Straßen- und Witterungsverhältnisse nach maximal 30 Minuten vor Ort ist."
Bundesweit sind 900 Notfallmanager im Einsatz, die extra dafür ausgebildet wurden. "Er ist nicht nur Ansprechpartner der Deutschen Bahn für Feuerwehren und Rettungsteams vor Ort, sondern trägt als Fachberater auch die Verantwortung für Maßnahmen zum Schutz vor möglichen Gefahren aus dem Bahnbetrieb", heißt es bei der Bahn.
Die Kunden der Bahn werden in der Hektik nicht vergessen
Notfallmanager vor Ort, Absprache mit den Rettungskräften, Delegieren - in all dieser Hektik darf eines nicht vergessen werden: die Kunden der Bahn. Möglichst schnell müssen den Passagieren alternative Fahrmöglichkeiten angeboten werden.
Hier ist die Abteilung Transportleitung gefragt. Sie erkundigt sich bei Bus- oder Taxiunternehmen in der jeweiligen Region. "In Augsburg ist der erste Ansprechpartner die RBA", informiert der Bahnsprecher. Gemeinsam werde versucht, den sogenannten Schienenersatzverkehr einzurichten. Wenn es darum geht, wieviele Busse oder Taxis eingesetzt werden müssen, stützen sich die Mitarbeiter der Transportleitung auf eigene Erfahrungswerte und auf die durchschnittliche Zahl an Reisenden in Zügen. "Wie viele Busse tatsächlich dann fahren können, hängt vor allem davon ab, wie viele Busse verfügbar sind. Zu Tageszeiten, in denen Schüler befördert werden, ist das zum Beispiel im Regelfall schwieriger als zu anderen Tageszeiten", weiß der Bahnsprecher aus Erfahrung.
Und was passiert mit dem Lokführer? "Nach einem Notfall wird dieser von einem Kollegen abgelöst." Der Albtraum eines jeden Lokführers
Während all dieser Organisation müssen auch die Bahnkunden und die regionalen Medien schnellstmöglich informiert werden. Dafür hat die Bahn den sogenannten "Streckenagenten" (www.bahn.de/streckenagent) eingerichtet. Er informiert per Email-Newsletter über Streckensperrungen und weitere Einschränkungen im Zugverkehr. "Er kann kostenlos und streckenbezogen abonniert werden. Diese Meldungen werden unter anderem auch auf Twitter veröffentlicht. Auch auf unseren Internetseiten (z.B. www.bahn.de/aktuell, www.bahn.de/bayern) informieren wir im Falle größerer Einschränkungen." Wenn vor Ort möglich, wird per Lautsprecherdurchsagen über die Störung und mögliche alternative Reisemöglichkeiten informiert. Für Bahnkunden gibt es auch die Kundenhotline 01806/996633. "Dort gehen im Falle einer Störung erfahrungsgemäß mehr Anfragen ein", weiß der Bahnsprecher.
Über die Sperrung der Gleise in Augsburg-Hochzoll am Mittwochabend hatte die Deutsche Bahn gegen 18.20 Uhr informiert. Rasch wurde ein Schienenersatzverkehr zwischen Kissing und dem Augsburger Hauptbahnhof eingerichtet. Gegen 20.30 Uhr war der Notfall-Einsatz beendet. Zumindest für die Passagiere, die wieder weiterfahren konnten. Und für die Einsatzkräfte und das Notfallmanagement. Für die Betroffenen jedoch bleibt unaussprechliches Leid. Und es bleiben Bilder, die verarbeitet werden müssen.