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Augsburger Panther: Was Panther-Keeper Boutin zu den Anfeindungen im Internet sagt

Augsburger Panther

Was Panther-Keeper Boutin zu den Anfeindungen im Internet sagt

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    Extrem motiviert und engagiert: Seit Anfang Mai trainiert der neue Panther-Torwart Jonathan Boutin fast täglich im Kraftraum.
    Extrem motiviert und engagiert: Seit Anfang Mai trainiert der neue Panther-Torwart Jonathan Boutin fast täglich im Kraftraum. Foto: Ulrich Wagner

    Auf einer Seite stehen ein Dutzend Spinning-Fahrräder. Gegenüber ein Fitnessturm mit Hantelstangen und verschiedene Geräte vor einem riesigen Spiegel. Im Fitnessraum der Augsburger Panther im Curt-Frenzel-Stadion stemmt jedoch nur ein Profi Gewichte, springt aus dem Stand auf ein Podest und lässt sich mit Bändern von Coach Sven Herzog an den ungewöhnlichsten Stellen ziehen: Jonathan Boutin.

    Seit dem 1. Mai schwitzt und schuftet der 31-Jährige in Augsburg. Fast täglich. Während viele seiner Landsleute den Sommer in Nordamerika verbringen und neben Golfen, Fischen und Bootfahren noch das obligatorische Trockentraining absolvieren, hat sich Boutin anders entschieden. Auch weil er eine deutsche Frau (Julia) und eine 22 Monate alte Tochter (Amelie) hat, ist er in Deutschland geblieben. Von seiner letzten Station Freiburg zog er direkt nach Augsburg. Aber in erster Linie will er seine Chance nutzen. „Als ich mit 24 Jahren nach Deutschland gekommen bin, war die DEL mein großes Ziel. Jetzt habe ich es geschafft und ich will es nicht vermasseln.“ Bei den Lausitzer Füchsen in Weißwasser glänzte der Frankokanadier aus der Nähe von Granby als bester Torhüter der zweiten Liga in den Jahren 2010, 2012 und 2013. Doch mit dem Sprung in die DEL klappte es nicht. Sein Manager Stefan Dittmann schickte ihn nach Lillehammer in Norwegen, zuletzt fing Boutin beim DEL2-Klub Freiburg.

    Mit dem deutschen Pass wuchs das Interesse der Clubs

    Als sich jedoch im Frühjahr abzeichnete, dass er bald seine Einbürgerungsurkunde erhalten und nicht mehr das Ausländerkontingent eines DEL-Klubs belasten würde, stieg das Interesse an ihm sprunghaft. „Die vergangene Saison war eine Herausforderung, denn als klar war, dass ich einen deutschen Pass bekomme, wurde es turbulent.“ Nach Weihnachten 2015 teilte ihm Manager Dittmann mit, dass Augsburg ihn beobachten wird.

    Gespräche mit AEV-Trainer Mike Stewart, Ex-Torwart und Manager Leonardo Conti oder auch mit Fitnesscoach Sven Herzog haben den Ausschlag für Augsburg gegeben. Allerdings musste der gebürtige Kanadier den deutschen Pass zu einem bestimmten Zeitpunkt in Händen halten, sonst wäre der Kontrakt mit Augsburg geplatzt. „Ich habe öfter bei den Behörden in Kanada angerufen und Druck gemacht. Denn ursprünglich sollte ich die Papiere erst im August bekommen und dann wäre mein Vertrag hinfällig gewesen.“ Den Einbürgerungs- und Sprachtest hatte Boutin bestanden, auch wenn er zugibt: „Ich spreche nicht gut Deutsch, aber ich verstehe viel.“ Das gilt bisher nur eingeschränkt für seinen neuen Wohnort: „Der Dialekt in Augsburg bereitet mir große Probleme. Ich habe lange in Weißwasser gespielt, aber man redet hier ganz anders als im Osten Deutschlands.“

    Fast täglich arbeitet Fitnesscoach Sven Herzog seit Anfang Mai mit dem neuen Schlussmann. Sein Urteil: „Er ist extrem motiviert und engagiert. Das ist bei einem Profi über 30 Jahren nicht selbstverständlich.“ Auch seine Ernährung hat der Eishockeyspieler umgestellt, was ihm in den ersten beiden Wochen schwergefallen ist. Den geliebten Käse strich der Frankokanadier nur widerwillig aus dem Speiseplan. Aber Jonathan Boutin will jetzt keinen Fehler machen: „Ich habe so lange auf meine DEL-Chance gewartet. Jetzt habe ich es geschafft und will mich in der Liga etablieren.“

    Einige Fans sehen die Verpflichtung kritisch

    Einige AEV-Fans sehen den Neueinkauf aus der zweiten Liga seit Wochen kritisch. Während der vergangenen Saison träumten die Anhänger von einer Verpflichtung des Kanadiers Tyler Beskorowany aus Nürnberg. Mal hieß es, der Vertrag sei bereits perfekt. Dann machten Gerüchte im Curt-Frenzel-Stadion die Runde, dass Beskorowany bereits in der Panther-Geschäftsstelle aufgetaucht sei. Tatsächlich verhandelten die Panther nie mit dem Kanadier, der nun beim potenziellen DEL-Aufrücker Bremerhaven im Gespräch ist. Beskorowany dürfte den Augsburgern schlicht zu teuer sein. Ein Schlussmann seiner Kategorie fordert rund 150000 Euro Jahresgage – netto plus kostenfreies Auto plus mietfreie Wohnung. Zu teuer für Augsburg mit einem Etat von rund 4,8 Millionen Euro.

    Nachdem die Panther Boutin als perfekt vermeldet hatten, entlud sich der Frust einiger Anhänger am Frankokanadier. Sie beschimpften ihn und seine Frau auf seiner Facebook-Seite. „Einige Leute haben die Linie überschritten. Ich habe hier doch nichts angestellt“, sagt der Schlussmann. Zuvor hatten ihm Panther-Verantwortliche geraten, seine Internetseite zu schließen, weil dort vielleicht viel Unsinn geschrieben wird und einem das durch den Kopf geht. Der Druck in der DEL sei größer als in der DEL2. „Ich wollte es nicht glauben, aber jetzt habe ich doch reagiert und meine Facebook-Seite ist seit einiger Zeit geschlossen.“

    Klubchef Lothar Sigl zeigte sich erbost über die gehässigen Fan-Kommentare. Kapitän Steffen Tölzer ist ebenfalls entsetzt: „Das ist schon sehr frech und unmöglich: Man verurteilt ihn, bevor er auch nur eine Minute für uns gespielt hat. Er sollte eine faire Chance bekommen.“ Der Hintergrund der unerwartet heftigen Reaktion: Auf der Torhüterposition hatten die Panther in den vergangenen drei Jahren mit Patrick Ehelechner (in seinem zweiten AEV-Jahr), Chris Mason und zuletzt Jeff Deslauriers Pech. Nun versuchen sie es mit einem hungrigen Profi. Boutin nimmt die Herausforderung an. „Ich habe mir vorgenommen, dass ich nach drei oder vier Spielen die meisten Kritiker auf meine Seite ziehe, daran arbeite ich“, sagt der Schlussmann mit dem Spitznamen „Boots“. So heißt er seit seiner Jugend wegen seiner Schuhgröße 49. Schon mit 16 Jahren passten die Füße nicht ganz zu dem 1,88 Meter großen Schlussmann. „Ich bin es gewöhnt. Lästig ist lediglich, dass ich Schuhe nur im Internet kaufen kann.“

    Nach 29 Minuten und 42 Sekunden ist das Interview beendet. Für Jonathan Boutin, der zuvor knapp zwei Stunden im Fitnessraum geschwitzt hatte, ist der Trainingstag noch nicht vorbei: „Ich gehe noch zurück in den Kraftraum, Fahrrad fahren.“

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