Die Weihnachtsferien hatte der Augsburger Achtklässler zum Einkaufen genutzt. Online bestellte er eine Kräutermischung. „Red Snuff“ heißt sie, ist nur im Ausland erhältlich, in Deutschland ist der Verkauf verboten. Aus gutem Grund, wie sich zeigte.
Joints angeboten
Nach den Ferien bot der Teenager anderen vor der Schule Joints mit der Mischung an. Sechs Jungen und Mädchen griffen zu, nahmen einen oder ein paar Züge. Ein Schüler kollabierte direkt vor der Schule, ein Mädchen brach vor einem Geschäft nebenan zusammen und erbrach sich, einer musste mit schweren Vergiftungserscheinungen ins Klinikum. Vier weitere wurden vom Notarzt behandelt, sagte der Schulleiter gegenüber unserer Zeitung. Alle sind um die 14, 15 Jahre alt.
Ihre Mitschüler sind entsetzt: Jeder Jugendliche weiß, dass Kräutermischungen high machen. Doch dass sie derartige Wirkungen haben, hatten selbst relativ drogenerfahrene Jugendliche nicht geahnt. „
Dass die Droge so unberechenbar ist, macht sie gefährlich. Die Ursache ist, dass Kräutermischungen mit synthetischen Cannabinoiden versetzt werden, erklärt ein Sprecher des Augsburger Drogendezernats der Augsburger Kripo. Diese künstlichen Stoffe wirken viel stärker als herkömmliches Cannabis.
Kräutermischung namens „Jamaica Gold“ geraucht
Die Hersteller verändern außerdem die Mischungen immer wieder, sobald diese gesetzlich verboten sind – eine Art Hase-und-Igel-Jagd. So wissen Konsumenten oft nicht, was eigentlich drin ist und wie es wirkt. Ohnehin sind die Inhaltsstoffe laut Polizei meist nicht deklariert. Der Konsum der Mixturen kann zu Herzrasen, Aggression, Angst- und Wahnzuständen führen. Vergangenes Jahr stürzte ein 14-Jähriger in Bamberg vom Balkon, nachdem er eine Kräutermischung namens „Jamaica Gold“ geraucht hatte.
Auch nach dem Verbot der Kräutermischungen 2009 verkauften einige Augsburger Geschäfte sie weiter; ihre Besitzer kamen vor Gericht. Inzwischen kann man die berauschenden Kräuter laut Polizei in Augsburg nicht mehr kaufen, doch der Online-Handel mit dem Ausland geht weiter. Die Kräuterdrogen sind inzwischen flächendeckend verbreitet, in allen Alters- und Bevölkerungsgruppen, sagt der Drogenfahnder. Das liegt auch am Preis: Nur zehn bis 12 Euro kostet das Gramm; es gibt Mengenrabatt.
"Drogen nicht nur an Mittelschulen Thema"
Der Augsburger Schulleiter will über all dies aufklären. Er informierte seine Lehrerschaft. Lehrer und Sozialarbeiter sprechen nun mit den Schülern. Aber er muss sich auch gegenüber besorgten Eltern der Grund- und Mittelschule rechtfertigen. Sie haben jetzt Angst, dass womöglich Erstklässler in Kontakt mit Drogen kommen. Trotzdem plädiert der Rektor für Offenheit: „Drogen sind ja auch nicht nur an Mittelschulen Thema. Realschulen und Gymnasien sind mindestens genauso betroffen.“