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Augsburg: Hundert OPs abgesagt - Streit um Klinikums-Streik spitzt sich zu

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Hundert OPs abgesagt - Streit um Klinikums-Streik spitzt sich zu

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    Die Gewerkschaft Verdi plant am Dienstag und Mittwoch am Klinikum einen Streik. Die Klinik-Leitung nennt das „unverhältnismäßig“. 
    Die Gewerkschaft Verdi plant am Dienstag und Mittwoch am Klinikum einen Streik. Die Klinik-Leitung nennt das „unverhältnismäßig“.  Foto: Peter Fastl

    Der Streit zwischen der Gewerkschaft Verdi und der Leitung des Klinikums spitzt sich zu. Nachdem die Gewerkschaft zu einem weiteren Pflege-Warnstreik aufgerufen hat, der in dieser Woche am Dienstag und Mittwoch stattfinden soll, reagiert der Vorstand des Augsburger Krankenhauses mit Unverständnis. Vorstands-Vorsitzender Alexander Schmidtke sagte gegenüber unserer Redaktion, er halte den erneuten Ausstand für „unverhältnismäßig“, auch, weil erneut besonders intensive Bereiche betroffen sein sollen, etwa die Infektionsstation und die Herz-Thorax-Chirurgie. Aussagen, die bei der Gewerkschaft wiederum für Verwunderung sorgen.

    Neben dem Klinikum soll der Ausstand auch die Kreiskliniken Günzburg-Krumbach betreffen. In Bayern werde nur im Verdi-Bezirksverband Augsburg gestreikt, sagt Schmidtke. „Wir haben schon das Gefühl, dass an uns ein Exempel statuiert werden soll.“ Ihn irritiere auch das Vorgehen der Gewerkschaft. Laut seiner Aussage sollen Mitarbeiter von Verdi etwa im Kreißsaal gestanden haben, um dort über den Streik zu informieren.

    In einem Flugblatt heißt es von der Gewerkschaft, es lege seitens des Klinikums keine Bereitschaft vor, mit Verdi in Verhandlungen über „einen Tarifvertrag Entlastung“ zu treten. Die Gewerkschaft möchte über einen Tarifvertrag Mindeststandards bei der Besetzung von Stationen mit Pflegekräften durchsetzen. Schmidtke sagt, dass das Klinikum gar nicht der potenzielle Verhandlungspartner der Gewerkschaft sei, sondern der Kommunale Arbeitgeberverband. Und von dem heiße es, dass eine Anfrage von Verdi nicht vorliege.

    Verständnis für Forderungen

    Zuletzt hatten vor zwei Wochen mehrere hundert Beschäftigte aus dem Pflegebereich die Arbeit niedergelegt und eine Kundgebung auf dem Rathausplatz abgehalten. Neun Operationssäle blieben deshalb leer. Krankenschwestern beschrieben ihren Arbeitsalltag gegenüber unserer Redaktion als hochgradig belastend. Eine Krankenschwester berichtete etwa, aufgrund der dünnen Personaldecke müsse sie teilweise mit nur einer weiteren Kollegin die Pflege auf einer Station mit 44 Patienten bewerkstelligen. Das Klinikum hatte Verständnis für die Forderungen der Gewerkschaft gezeigt.

    In Augsburg herrsche eine Sondersituation, sagt der Chefarzt der Notaufnahme, Markus Wehler. Die Großstadt habe nur einen Maximalversorger. Werde der bestreikt, habe das besondere Auswirkungen. Die Versorgungssicherheit sei beim letzten Streik an ihre Grenzen gekommen. Laut Vorstands-Vorsitzendem Alexander Schmidtke werden aufgrund des anstehenden Ausstands an zwei Tagen zehn OP-Säle nicht betrieben, man habe etwa 100 Operationen absagen müssen.

    Verdi-Sprecher Stefan Jagel widerspricht den Vorwürfen. Es sei mitnichten so, dass Augsburg beim Streik eine Ausnahme darstelle, sagt er. Bundesweit beteiligten sich die Mitarbeiter von etwa 20 Kliniken. Andere Krankenhäuser, auch in Bayern, verhandelten bereits mit der Gewerkschaft, darum gebe es dort erst einmal keine Ausstände mehr. Etwa bei den Helios-Kliniken im Raum München, wo Mitarbeiter vor zwei Wochen noch die Arbeit niedergelegt hatten. Auch im Fall der Charité habe Verdi geplante Streiks abgesagt, da sich die Klinikleitung verhandlungsbereit gezeigt habe. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass jemand von Verdi im Kreißsaal des Klinikums gestanden habe, um für den Streik zu trommeln. „Ich war nie im Kreißsaal.“

    Wer ist zuständig?

    Die Kliniken, sagt Jagel, seien selber für gute Arbeitsbedingungen zuständig, die Gewerkschaft wolle einen ergänzenden Haustarifvertrag. Verdi fordert unter anderem mehr Personal und verbesserten Ausbildungsbedingungen.

    Die Schärfe im Ton der Klinikums-Leitung könne er nicht nachvollziehen, sagt der Gewerkschafter. Man habe im Vorfeld des nun geplantes Streiks eine „gute Lösung für beide Seiten“ gefunden. Die Infektionsstation werde nur in kleinem Rahmen bestreikt, bei der Herz-Thorax-Chirurgie sei es wie beim vorherigen Warnstreik so, dass etwa ein Drittel der Betten nicht belegt werden können. Im gesamten Klinikum treffe dies dieses Mal auf 111 der rund 1700 Betten zu – im Vergleich zu 200 Betten vor zwei Wochen. Es sei der Gewerkschaft wichtig, dass die Auswirkungen für die Patienten möglichst gering blieben, daher lasse man sich ärztlich beraten.

    Das Klinikum sagt, es gebe im Pflegebereich einen Fachkräftemangel, dennoch habe man zuletzt mehr Personal eingestellt. Laut Verdi-Mann Jagel reichen diese Stellen „bei weitem nicht“.

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