Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Gögginger Majoliken in Höchstädt

Augsburg

Gögginger Majoliken in Höchstädt

    • |

    VON FRANZ HÄUSSLER

    Die umfangreichsten Sammlungen aus diesen heimischen Manufakturen sind im Maximilianmuseum und im Wittelsbacher-Schloss in Friedberg zu sehen. Auch in Museen in München, Berlin, Nürnberg, Hamburg, Dresden, Mannheim und anderen deutschen Städten sowie im Victoria & Albert Museum in London zählen sie zu den Ausstellungsobjekten. Fayencen aus der Reichsstadt Augsburg sind rar, reichlicher ist der "Nachlass" aus einem einstigen Nachbardorf und heutigen Stadtteil. "Göggingens Beitrag zur deutschen Kunstgeschichte sind die Erzeugnisse aus der fürstbischöflichen Fayence-Manufaktur", formulierte eine Expertin die Bedeutung der Gögginger Tonwaren. Nur vier Jahre bestand die dortige "Majolika Fabrique". Eingerichtet im Spätherbst 1748, wurde Anfang 1753 letztmals ein Brennofen beschickt.

    Lediglich acht Gefäße bekannt

    Die erste "Porcelain Fabrique" in der Reichsstadt Augsburg richtete um 1735 der Apotheker, Chemiker und Destillateur Johann Caspar Schaur (1681-1761) in seinem Garten ein. Sie bestand nur kurze Zeit. Lediglich acht eindeutig Schaur zuzuordnende Gefäße sind bekannt: Ein 1736 datierter Birnkrug, eine Schnapsflasche, ein Walzenkrug und fünf Enghalskrüge tragen Schaurs Marke, den Pinienzapfen.

    Benannt wurden die glasierten Tonwaren nach den ehedem bekanntesten europäischen Herstellungsgebieten: "Fayence" nach der italienischen Stadt Faenza oder "Majolika" nach Mallorca. Mit hochweißer Glasur sollten sie dem kostbaren Porzellan im Aussehen möglichst nahekommen. Damit wollte auch der hochadelige Augsburger Fürstbischof (er regierte von 1740 bis 1768) Joseph Ignaz Philipp Prinz von Hessen-Darmstadt glänzen. Neben der Versorgung seiner Residenzen in Augsburg, Dillingen, Oberdorf und Füssen mit Geschirr für die Hoftafel sowie der zahlreichen Amtshäuser mit Bedarfsartikeln vom Schreibzeug bis zum Nachttopf war auch eine standardisierte Serienproduktion ins Auge gefasst.

    Tonerde kam vom Sandberg

    Göggingen bot sich als Standort einer "Majolika Fabrique" an. Die Nähe zur Residenzstadt Augsburg und die Zugehörigkeit des Dorfes zum bischöflichen Herrschaftsgebiet dürften die Hauptgründe gewesen sein. Holz kam aus der Gegend um Zusmarshausen, Tonerde vom Sandberg bei Steppach und Glasursand aus Horgau. Zinn, Blei, Soda, Salz und Pottasche mussten von weiter her beschafft werden. Die künstlerische Leitung oblag dem Augsburger Bildhauer Joseph Hackl. Dreher, Maler und Taglöhner vervollständigten das Produktionsteam.

    Vasen, Kruzifixe und Tiere aus Ton

    Aus der Manufaktur kam neben Tellern, Krügen, Speiseplatten, Kännchen und Tassen eine Vielzahl dekorativer Nippes für die Tafel. Sie erzielen heute enorme Preise: 2008 wurden für einen Walzenkrug mit dem Bischofswappen 12 000 Euro bezahlt! Komplette Gedecke wurden auch für den Bruder des Fürstbischofs und andere wohlhabende Besteller angefertigt. Die kostbarsten Erzeugnisse mit der Marke "gögg", "gögging" oder "göggingen" auf der Unterseite sind plastische Werke: Gehäuse für Tischuhren, Leuchter, Vasen, Figürchen im chinesischen Stil, Heilige, Kruzifixe und Tiere aus gebranntem Ton.

    Die Manufaktur lieferte zwar hochwertige Ware, doch die Bilanz schloss überwiegend mit roten Zahlen. Am 12. Oktober 1752 ordnete der Fürstbischof die Schließung an. Der zuletzt alleinige Leiter Joseph Hackl trat im März 1753 in die von dem Augsburger Kaufmann Christian Georg von Köpf (1699-1758) im Schaur'schen Garten wiederbelebte "Porcelain Fabrique" ein. Darin wurden unter anderem mit einem Stern als Kennung versehene fantasievolle Terrinen in Form von Gemüse (siehe Bild), Früchten und Tieren gebrannt.

    Mehr als 1000 Exponate

    1754 übersiedelte Hackl nach Friedberg und leitete bis 1758 die von Kurfürst Maximilian III. Joseph gegründete "Porcelain Fabrique" in seinem dortigen Schloss. Auch diese Manufaktur blieb ein Zuschussbetrieb und wurde 1768 wegen Unrentabilität geschlossen.

    Fortgeführt in Form und Dekor

    Die Friedberger Fayencen, meist mit der Marke "CB" (Chur-Baiern) mit und ohne Kurhut versehen, bildeten in Form und Dekor die Fortführung der Gögginger und der Augsburger Produktion. Zu den über 1000 Exponaten des einzigen speziellen Fayence-Museums in Deutschland im Schloss Höchstädt (Infos nachzulesen unter www.schloesser.bayern.de) zählen drei Augsburger, 15 Gögginger und zwölf Friedberger Majoliken.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden