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Augsburg: Anwohner protestieren gegen Süchtigentreff in Wohngebiet

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Anwohner protestieren gegen Süchtigentreff in Wohngebiet

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    Im ehemaligen Lokal Paparazzi in der Dinglerstraße soll ein betreuter Treff für Trinker und Drogenabhängige entstehen. Ordnungsreferent Dirk Wurm bekam nun einiges zu hören.
    Im ehemaligen Lokal Paparazzi in der Dinglerstraße soll ein betreuter Treff für Trinker und Drogenabhängige entstehen. Ordnungsreferent Dirk Wurm bekam nun einiges zu hören. Foto: Annette Zoepf

    Viele Anwohner sind wütend. Am vergangenen Samstag haben sie erfahren, dass die Stadt den neuen betreuten Süchtigen-Treff für die Trinker- und Drogenszene vom Oberhauser Bahnhof im ehemaligen Lokal "Paparazzi" in der Dinglerstraße betreiben will. Nachbarn kritisieren, dass diese Einrichtung mitten ins Wohngebiet kommen soll, noch dazu in eines, in dem viele sozial schwächere Menschen leben. Negative Entwicklungen im Viertel würden dadurch weiter verstärkt, so die Sorge.

    Ordnungsreferent Dirk Wurm räumt Fehler ein

    Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD) war am Samstag vor Ort, um Anwohner mit Hauswurfsendungen über die Pläne der Stadt zu informieren und sich der Diskussion mit Bürgern zu stellen. Auf der Straße kam es zu emotionalen Debatten. Eine Passantin warf dem Referenten "Arroganz" vor. Bei ihr kam es nicht gut an, dass Wurm zunächst den neuen Standort geheimgehalten hatte und den Mietvertrag unterschreiben wollte, bevor die Öffentlichkeit informiert werden sollte. Wurm räumte am Samstag ein, "das war ein Fehler von mir." Dann versuchte er, aufgebrachte Passanten mit Argumenten zu überzeugen.

    Die Sorgen der Anwohner sind groß. Etliche äußern zwar Verständnis und auch Lob dafür, dass für die Süchtigen vom Helmut-Haller-Platz etwas getan werden soll. Dass die betreute Trinkerstube aber ausgerechnet mitten in einem Wohngebiet angesiedelt werden soll, stößt auf massive Kritik. Passanten machen geltend, dass das Wohnviertel schon jetzt unter Druck ist. Dort leben viele Familien, Migranten und sozial schwächere Menschen. Diese müssten bereits mit zwei Drogenszenen in ihrem Umfeld leben – mit derjenigen am Helmut-Haller-Platz vor dem Oberhauser Bahnhof und mit einer weiteren in der Grünanlage zwischen Wertachbrücke und Seitzsteg. Nun befürchten Anwohner, dass Süchtige direkt ins Wohngebiet hineingelotst werden und dort weitere negative Entwicklungen auslösen.

    Eine junge Anwohnerin sagt, sie fühle sich schon jetzt nicht wohl, wenn sie am Oberhauser Bahnhof an Trinkern und Drogensüchtigen vorbei müsse. Diese Klientel werde sie künftig vor ihrer Haustür vorfinden. "Es nervt mich, wenn ich nicht mehr alleine nach Hause laufen kann." Der Süchtigen-Treff sei auch kein angemessenes Umfeld für die vielen Kinder, die auf dem Weg zur Pestalozzi- und Löweneckschule vorbeilaufen müssen. Ein Kindergarten und ein Seniorenheim befinden sich ebenfalls in der Nähe der geplanten Einrichtung.

    Anwohner wollen Süchtigentreff hinter Haller-Platz

    Die junge Frau und ihr Partner sagen, dass sie bald eine Familie gründen wollen. "Wenn die Stadt ihren Plan umsetzt, werden wir hier wegziehen", kündigen sie an. Wegziehen will in diesem Fall auch ein Paar, das seit vielen Jahren im Haus direkt über dem früheren Lokal "Paparazzi" wohnt. In dem Haus leben nach Angaben dieser Bewohner mehrere Familien mit Kindern und ein älterer Mieter, die von den Plänen der Stadt direkt betroffen wären. "Wir finden es nicht richtig, dass Familien vertrieben werden", sagen die beiden. Das Paar hat nach eigenen Angaben selbst Erfahrungen mit Alkoholikern und Junkies und glaubt nicht daran, dass Süchtige in dem neuen Treff von Sozialarbeitern unter Kontrolle gehalten werden können, wenn sie Alkohol mitbringen dürfen. "Alkohol unter Aufsicht, das ist Quatsch", sagen sie. Das Projekt werde auf Kosten der Hausbewohner vor allem dem Vermieter des Lokals nützen. Sinnvoller sei es, einen Pavillon oder Container für die Szene direkt hinter dem Haller-Platz aufzustellen, sagen mehrere Anwohner.

    Vertragspartner der Stadt beim Süchtigen-Treff ist Sebastian Priller (Brauhaus Riegele). Die Pläne der Stadt sehen vor, dass die Einrichtung dienstags bis freitags von 13 bis 18 Uhr geöffnet hat. Süchtige sollen dort von der Drogenhilfe und dem Sozialverband SKM betreut werden. Das Trinken von mitgebrachtem Alkohol (bis zu drei Flaschen Bier) wird erlaubt sein. Die Stadt erhofft sich durch den Süchtigen-Treff eine Entlastung des Helmut-Haller-Platzes. Die Örtlichkeit am Oberhauser Bahnhof ist seit einigen Jahren ein Treffpunkt für die Drogen- und Alkoholikerszene. Es gab immer wieder Konflikte. Das Sicherheitsgefühl litt, viele Passanten mieden den Platz. Ordnungsreferent Wurm will die Probleme mit dem betreuten Treffpunkt in der 500 Meter entfernten Dinglerstraße in den Griff bekommen.

    Wurm zufolge wurden der Stadt rund 20 Immobilien angeboten und sechs davon besichtigt. Das Objekt in der Dinglerstraße 10 eignet sich nach seiner Einschätzung am ehesten von der Lage und Größe her. Der Ordnungsreferent warb am Samstag bei Anwohnern für seine Pläne. Die Süchtigen seien vom Haller-Platz nicht wegzubringen, wenn sie nicht wenigstens für ein paar Stunden mit Betreuung zur Ruhe kommen könnten. Wenn der betreute Treff in der Dinglerstraße geschlossen habe und die Sozialarbeiter gegangen sind, werde der städtische Ordnungsdienst präsent sein, versprach Wurm. "Man muss es probieren, nur dann kann man sehen, ob es funktioniert."

    Und so geht es weiter

    Bevor der Mietvertrag für den betreuten Süchtigen-Treff in der Dinglerstraße 10 in Oberhausen unterzeichnet wird, sollen die Anwohner umfassend über das Vorhaben informiert werden. Das ist der Weg, auf den sich Stadträte im Ältestenrat geeinigt haben.

    Am Samstag wurde eine städtische Hauswurfsendung mit Infoterminen an Anwohner verteilt.

    Infotermine: Ordnungsreferent Dirk Wurm will Anwohner persönlich am 2., 3. und 6. November zwischen 16 und 18 Uhr bei Haustürgesprächen informieren. Weitere Infoveranstaltungen sind Ende November im ehemaligen "Paparazzi", Dinglerstraße 10, geplant.

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