Schloss Pichl. Damit verknüpfen die Alteingesessenen aus Edenhausen und Pichl den Namen Manfred von Schaezler und ein jeder von ihnen kann eine prächtige Anekdote über den letzten, legendären Spross der Schaezler zu Pichl zum Besten geben. Auch den neuen Besitzer im Wasserschloss in der Marktgemeinde Aindling, das sich auf einem Stich um 1700 als mit filigranen Türmchen bewährtes Barockkleinod präsentiert, haben die Bewohner des Edenhausener Tales offensichtlich bereits voll integriert. „Er hat zu mir gsogt, er ist der Schorsch. Dann hob i zu eam gsogt: „Und i bin da Hans“, erzählt Hans Zera in breitestem Altbairisch von der ersten Begegnung mit Georg Brandl beim Seemüller-Wirt. Der plant einen ganzen Strauß an Nutzungen der Gebäude: als Hotel, für Gastronomie, Seminare, Tagungen, Seniorenwohnungen, Wellness, Nachsorgezentrum. Bei einem Frühlingsfest stellte er am Wochenende sein Konzept vor.
Über zwei Jahre stand das Wasserschloss leer. Brandl kaufte das Schloss dem Suchthilfeverein Condrobs ab. Der Träger für soziale Hilfsangebote hatte bis Mai 2011 rund 30 Jahre lang eine Fachklinik dort betrieben. Therapeuten kümmerten sich um suchtkranke Klienten. Die Geschichte des Schlosses reicht aber viel weiter zurück. Es ist wohl im 12. Jahrhundert errichtet worden. Mitte des 18. Jahrhunderts erhielt es bei einem Neubau sein heutiges Erscheinungsbild im Barockstil.
Wenn andere über marode Bausubstanz jammern, fangen die Augen des Unternehmers aus Augsburg zu leuchten an. „Das ist mein Leben, das alte Zeug“, gesteht er Aindlings Bürgermeister Tomas Zinnecker, der sich ebenfalls bei der Projektvorstellung am Wochenende mit etlichen seiner Gemeinderatskollegen anschaut, was bisher bereits geschehen ist. Mehr als ein Konzept, denn der alte Schweinestall präsentiert sich als voll bewohnbar. „Keine Spur vom typischen Geruch alter Häuser“, wundert sich beispielsweise Isidor Held. In diesem Bereich hatte jedoch Vorbesitzer Condrobs bereits gute Vorarbeit geleistet, wie Georg Brandl lobend gegenüber dem geschäftsführenden Condrobs-Fachvorstand Florian Willeitner erwähnt. Lichte Tagungsräume, weitläufige, bettenbestückte Zimmer und großzügige Büroräume beeindrucken die zahlreichen Gäste. Quer über den Hof gibt ein Tor den Blick frei in einen großen Raum. Hier sind Leerrohre zur Elektroinstallation verlegt, die Wände noch aufgeschlitzt.
Im eigentlichen Schloss ist noch wenig passiert. „Wir haben jedoch bereits gute Gespräche mit dem Denkmalschutz geführt“, erläutert Georg Brandl. Alte Häuser herrichten ist seine Spezialität. Die gelungene Sanierung des vorher völlig heruntergekommenen Franzosenhofes im Augsburger Stadtteil Kriegshaber ist ein leuchtendes Beispiel dafür. Für sein Schloss Pichl hat Brandl ein auf vier Säulen sitzendes Konzept erarbeitet. Das eigentliche Schlossgebäude wird zum Schlosshotel. Hier sollen Kurzzeitgäste sich wohlfühlen.
Andere Teile des Ensembles sollen Senioren als aktiven Bewohnern zur Verfügung stehen, denn etwa Gartenarbeit oder Sportgruppen sollen hier für Kurzweil und Fitness sorgen. Termine bei Therapeuten, Ärzten oder Friseuren können an der Rezeption des Hotels gebucht werden, Familienangehörige im Schlosshotel übernachten – „bereits ab dem 1. Juni“, gibt Brandl ein äußerst ehrgeiziges Ziel vor. Ein ideales Ambiente könnte der Schlosshof für Hochzeiten, Geburtstage oder Jubiläen und Firmenveranstaltungen bieten. Ein anderes Gebiet für eine nachhaltige Belegung der künftigen Räume sieht der Unternehmer im Wellnessbereich. Sein Gelände betrachtet er als ideales Rückzugsgebiet etwa für Burn-out-Patienten, die sowohl von der weitläufigen Wasserlandschaft, als auch von einem geplanten „Vor- und Nachsorgezentrum für ganzheitliche Medizin und Heilkunde“ profitieren könnten. Das Essen für die Bewohner und Gäste soll ebenso wie die Heizenergie für die Gebäude aus der Region kommen. „Ich habe bereits mit den Bauern rundum gesprochen. Ich denke, das funktioniert“, sagt Brandl in seiner Ansprache an die über hundert Gäste, denen der Unternehmer die Weißwürste und den Leberkäs vom Pichler Wirt Franz Seemüller anbietet.
Wie sehr es jungen Gästen hier gefällt, steht Dana und Lena aus Wertingen ins Gesicht geschrieben. Sie sind in den alten, niedrigen Gewölben des Schlosses auf Gespenstersuche. Und fündig geworden? „Noch nicht“, grinsen die beiden. Georg Brandl indes ist sich sicher, das Richtige gefunden zu haben. Und Freunde hat er zudem gewonnen: „Wenn der Hans (Zera) nicht gekommen wäre zu diesem Fest, dann hätte ich das ganze abgesagt“, scherzt er.