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Glauben: Der heilige Hügel

Glauben

Der heilige Hügel

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    Inmitten der pastoralen Landschaft rund um Gachenbach krönt der Turm der Wallfahrtskirche Unsere Liebe Frau den alles überragenden Beinberg.
    Inmitten der pastoralen Landschaft rund um Gachenbach krönt der Turm der Wallfahrtskirche Unsere Liebe Frau den alles überragenden Beinberg. Foto: Norbert Eibel

    Bayern wie aus dem Bilderbuch: Kurz hinter der Landkreisgrenze weitet sich das Paartal. Wer mit dem Auto auf der Bundesstraße 300 in Richtung Schrobenhausen fährt, an dem zieht eine wellige, bäuerliche Kulturlandschaft vorbei, der sieht kleine Dörfer, eingebettet zwischen Hügeln, die Kämme bestockt mit grünen Wäldern, die nach Osten hin von einer Kuppe gekrönt werden, wo keck ein schlanker gelber Kirchturm mit pittoreskem Zwiebeldach hervorlugt – die Wallfahrtskirche Maria Beinberg bei Gachenbach.

    Heilige Berge gibt es in nahezu allen Religionen und vielen Ländern der Erde. Die religiöse Verehrung geografischer Orte ist aus verschiedenen Zeiten und Kulturen bekannt – in Bayern allemal, wo der Watzmann im Berchtesgadener Land als König der Berge und das für seine leiblichen Genüsse weltberühmte Kloster Andechs hoch über dem Ammersee touristische Highlights sind. Doch Glaube verehrt nicht nur Superlative, die Frömmigkeit der lokalen Bevölkerung hängt an vielen kleineren religiösen Stätten – auch solchen auf Hügeln.

    Mit einer Seehöhe von 501 Metern ist der Beinberg an der Landkreis- und Bezirksgrenze zwischen Oberbayern und Schwaben der markanteste Punkt im weiteren Umkreis. Die Lage spiegelt sich im Namen des am Fuße liegenden Ortes Gachenbach wider: der „gache“, also steile Berg. Vermutlich befand sich auf der Anhöhe zwischen Weilach- und Paartal schon seit Alters her eine Wehranlage, Ende des 15. Jahrhunderts wurde daraus eine religiöse Stätte. Der Ritter Bernhard, „der Peisser“, Landpfleger des Gerichts Schrobenhausen, stiftete mit seiner Gemahlin Elisabeth dort oben eine Kapelle. Seine Nachfolger Leonhard von Gumppenberg und Eucharius von Ötting ließen den schlichten Bau zu einer Steinkirche ausbauen, deren Altar der Augsburger Bischof Johannes Kehrer am 7. Oktober 1500 weihte. Zudem wurden Grundstücke erworben, um ein Benefizium zur Versorgung eines Seelsorgers einzurichten. In den Folgejahren entwickelte sich eine Wallfahrt auf den Beinberg. Auch Pfalzgraf Ottheinrich, Herzog von Pfalz-Neuburg, pilgerte fünfmal von der Residenzstadt auf den „Boaberg“, wie der „heilige Hügel“ im Dialekt heißt.

    Wer heute wallfahrt, tut dies zumeist motorisiert

    Der Pfarrer des nahen Dorfes Weilach betreute die Seelsorge, für die materielle Versorgung zuständige Patronatsherren waren die Freiherren von Lösch von Hilgertshausen, ab 1814 die Freiherren von Freyberg-Eisenberg und seit 1851 die Freiherren von Freyberg-Jetzendorf. Über 20 Pfarreien und Orte aus den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen und Aichach-Friedberg pilgern noch heute jedes Jahr zur Muttergottes „Unsere Liebe Frau“. Kürzlich wurde Maria Beinberg zur Diözesanwallfahrt des Bistums Augsburg erhoben. Ein Hauptgrund für viele Wallfahrer ist unerfüllter Kinderwunsch, wovon zahlreiche Votivtafeln an den Wänden im Kircheninneren Zeugnis ablegen. Seit fast 70 Jahren wird Maria Beinberg von den Mariannhiller Missionaren (CMM) betreut.

    Wer heute wallfahrt, tut dies zumeist motorisiert. Unmittelbar nach der Abzweigung von der Kreisstraße liegt rechter Hand ein Parkplatz. Doch es lohnt sich, von Gachenbach, oder zumindest vom Fuß des Hügels, hinaufzusteigen, um die Atmosphäre der Gnadenstätte einzufangen. Einer der Wallfahrtskuratoren ließ einen Kreuzweg errichten, der Pilger nach oben führt. Auf den letzten Metern passiert der Wanderer die Fatimakapelle, die der legendäre Beinbergpater Waldemar Kaspar Regele (1929 bis 2001) errichten ließ.

    Pater Waldemar war ein Original, der die schlichte Holzhütte neben dem Benefiziatenhaus zum Ort der Begegnung und zur leiblichen Stärkung umbauen ließ. Damit brachte er die Wallfahrt auf den „Boaberg“ wieder in Schwung. Von Besuchern und Gläubigen wurde der bisweilen schlitzohrige und immer freundliche Gottesmann regelrecht verehrt. Davon zeugt unübersehbar das Porträt Pater Waldemars im Wallfahrer- stüberl.

    Menzinger stammt aus Igenhausen

    Sein Nachfolger auf dem Berg ist aktuell Pfarrer Michael Menzinger, Leiter der Pfarreiengemeinschaft Aresing-Weilach. Der Priester, der aus Igenhausen (Gemeinde Hollenbach) stammt, war bis Herbst 2014 Stadtpfarrer in Vöhringen (Kreis Neu-Ulm) und betreut seit einem Jahr die „Wallfahrt der kleinen Leute“, was er nicht abschätzig meint, sondern auf die Volksfrömmigkeit bezieht. „Vor Gott ist jeder klein“, sagt der Gottesmann und schätzt die Zahl der Gläubigen auf rund 10000 im Jahr. Vor allem im Marienmonat Mai strömen die Pilger auf den Berg. „Dann ist alle Tage was los. Und wer einmal da war, kommt immer wieder“, hat der festgestellt.

    Michael Menzinger möchte die Infrastruktur Maria Beinbergs stärken und neue Impulse geben. Es soll ein geistiges Zentrum in der Region werden. Ein Garant dafür ist das Tagungshaus ein Stück unterhalb der Kirche, ein Seminarhaus der Diözese Augsburg. Immer beliebter ist der Ort auch als Heiratsstätte. Und für Pilger, vor allem jene, die zu Fuß kommen, sei der Einklang von Leib und Seele ganz wichtig. Dafür sorgen fünf ehrenamtliche Helfer, die das Wallfahrtsstüberl bewirten. Doch nicht nur zur geistigen Erbauung eignet sich der Beinberg – die Landschaft rund um den „heiligen Hügel“ ist reich an Naturschönheiten, die auf eine Erkundung warten.

    Tipp: Eine 8,5 Kilometer lange Wanderung um die Wallfahrtsstätte ist auf www.wittelsbacherland.de beschrieben.

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