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ARD-Magazin: KiK: Spurensuche in Bangladesh

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KiK: Spurensuche in Bangladesh

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    ARD nimmt Textildiscounter Kik ins Visier
    ARD nimmt Textildiscounter Kik ins Visier Foto: DPA

    Skrupellos und brutal soll der Textildiscounter KiK mit seinen Angestellten in Deutschland und den Arbeitskräften, die im Namen des Unternehmens vorwiegend in Bangladesch produzieren, umgehen. Corporate Social Responsibility (CSR)? Fehlanzeige! So berichtet es jedenfalls das ARD-Magazin "Panorama - die Reporter" in einer aktuellen Reportage des NDR-Chefreporters Christoph Lütgert.

    Der Journalist - für solche heiklen Themen bekannt - versuchte, die Vorwürfe, die gegen den Textil-Riesen aus Bönen (Nordrhein-Westfalen) seit längerem bestehen, aufzudröseln. Wie die Reportage jedoch zeigt, konnte er dabei nicht auf die Unterstützung von KiK hoffen. Das Unternehmen war zu keiner Stellungnahme bereit. Auch der Gründer des Unternehmens, Jost-Stefan Heinig, sah es nicht als notwendig an, für ein Interview zur Verfügung zu stehen.

    So machte sich der renommierte Reporter allein auf den Weg und forschte in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, ob die Vorwürfe, die zum Teil auch im aktuellen Heft von Stiftung Warentest Unterstützung finden, haltbar sind. Was Christoph Lütgerts Kameras dort vorfand, kann getrost mit "menschenunwürdigen" Beschäftigungsverhältnissen betitelt werden. Der Reporter nennt die vielen Arbeiter und Arbeiterinnen die "Sklaven der Moderne". Zwischen 20 und 35 Euro beträgt der Monatslohn der Näher und Näherinnen. 300 Menschen sind dicht gedrängt in Lagerhallen eingepfercht, die Regelarbeitszeit beträgt 54 Stunden in der Woche - unbezahlte Überstunden nicht mitgerechnet.

    "Schlimmer als in einem Gefängnis", nennen es die vier Frauen, die Lütgert vor die Linse bekam, "wochenlang mussten wir von 8 Uhr bis 3 Uhr in der Früh nähen." Dennoch ergeben sie sich in ihr Schicksal, das schonungslos - fast übertrieben boulevardesk - von den Kameras des ARD-Teams aufgegriffen wurde. Denn allein die Fakten sprächen für sich.

    Allerdings scheint KiK nicht nur bei den Zulieferern mit rigorosen Mitteln zu handeln. Auch bei den eigenen Mitarbeitern in den mehr als 3000 Filialen geht der Discounter nicht zimperlich vor. So berichtet in dem ARD-Beitrag ein ehemaliger Unternehmensberater von KiK, dass selbst ein Ex-Manager von Aldi - ebenfalls für seine Firmenpolitik bekannt - solche Zustände noch in keinem Unternehmen erlebt hätte. Betriebsräte oder Gewerkschaften? Bei KiK hat man davon noch nichts gehört. Das Motto ist, glaubt man den ehemaligen Angestellten: klein halten und ausquetschen.

    Immer wieder wollte das Unternehmen die Ausstrahlung dieses brisanten Berichts per Gerichtsbeschluss verbieten lassen. Doch letztendlich hat sich die Hartnäckigkeit von Lütgert und des NDR bezahlt gemacht. Das Landgericht Hamburg ließ den TV-Beitrag zu. Der öffentliche Schaden für KiK ist immens; das Image ist völlig zerstört.

    Aktuell versucht der Textil-Discounter scheinbar gegen die unverhohlene Kritik zu rudern. Denn in einer Pressemitteilung vom 2. August gab KiK bekannt, dass ein gewisser Dr. Michael Arretz mit sofortiger Wirkung als neuer Geschäftsführer berufen wurde. Sein Themenschwerpunkt: Unternehmenskommunikation, Qualitätssicherung und CSR. "Mit Dr. Arretz haben wir einen Manager verpflichtet, der mit seinen Erfahrungen wichtige neue Impulse bei KiK setzen wird", betont der Vorsitzende der Geschäftsführung, Stefan Heinig. "Die Berufung ist außerdem ein Signal dafür, dass KiK sich im Bereich der Qualitätssicherung, durch eine verstärkte soziale und ökologische Verantwortung sowie durch eine offenere Kommunikation nach außen besser positionieren will."

    Das erste Eingeständnis von Fehlern schickte das Unternehmen gleich hinterher. "In der starken Wachstumsphase haben wir uns ganz auf unser Kerngeschäft konzentriert und sicher Fehler gemacht. Dies bedauern wir außerordentlich." Nun bleibt abzuwarten, ob dem Reden auch Taten folgen. Denn es dürfte wohl schwierig werden, mit "Fair Trade" diese Renditen, die das Unternehmen mit einem Umsatz von rund 1,5 Mrd. Euro einstreicht, aufrechtzuerhalten.

    Die Reportage kann in der Mediathek der ARD kostenlos abgerufen werden. Von Sebastian Hrabak

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